„Fein mit etwas sein“ ist nun auch in den Medien angekommen. Sind Sie damit einverstanden?
Wenn Sie in einem Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern arbeiten oder damit zu tun haben, kennen Sie aus Telefonkonferenzen oder E-Mails wahrscheinlich schon länger die Aussage
Damit bin ich fein.
Womit gesagt werden soll, dass der Sprecher einverstanden ist.
Naja, wir kennen solche witzischen Sprüchlein aus dem mittleren Management schon lange. Wer erinnert sich nicht – mehr oder weniger erheitert – an den Bleistift (statt des Beispiels) oder das Teflon (statt des Telefons)? In Wellen werden solche Wendungen hoch- und wieder weggespült – momentan sind’s die Quick Wins, das Go oder der Kick-off.
Nun ist das Feine endlich in den Medien angekommen.
Fiona ist fein mit Babypfunden
titelte kürzlich N-tv.
Fein als falscher Freund
Okay, wir verstehen schon, sie hat kein Problem damit, 20 Kilo mehr auf den Rippen zu haben. Doch das Feine ist mir einen Eintrag wert, weil es mehr ist als nur eine Phrase. Es ist nämlich streng genommen ein weiterer falscher Freund, also ein Wort, dass ähnlich klingt wie ein einheimisches, aber etwas anderes bedeutet. In diesem Fall ist der Klang sogar identisch, nur der Sinn ein völlig anderer.
To be fine with sth./sb. bedeutet nämlich, mit etwas einverstanden zu sein, während der Duden das deutsche Adjektiv fein unnachahmlich präzise und nüchtern definiert und differenziert als
- von dünner, zarter Beschaffenheit.
- von angenehm-zartem Äußeren
- aus kleinsten Teilen bestehend.
Es ist leicht zu erkennen, dass die Schlagzeile oben mit der deutschen Bedeutung sinnlos ist und nur in der englischen Originalbedeutung Sinn ergibt. Denn Fiona ist mir ihren zusätzlichen Pfunden einverstanden – und in ihrem Zustand eben nicht von dünner Beschaffenheit. Dass wir die Überschrift trotzdem verstehen, liegt nur daran, dass inzwischen die meisten genügend Englisch können. Jemand ohne Englischkenntnisse hingegen müsste sich fragen, was die Zeile ihm sagen will.
Nun verstehe ich, dass der Redakteur zum Wortspiel neigt und gern den Moden oder seiner Eitelkeit erliegt. Hier war es wohl eine Vorliebe für Alliteration: Fiona – fein – (P)funde, die zum Unheil führte. Aber ich stelle mir auch die Frage, ob er daran denkt, wie verständlich seine Zeilen sind und ob er beim Texten an alle Leser denkt. Vielleicht nicht genug.
Auch das Wort massiv hat eine ähnliche Wandlung hinter sich.
Comment *Diese neuen Sprachmoden gehen mir einfach nur total auf die Nerven. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die meisten darüber gar keine Gedanken machen… es wird halt einfach nachgeplappert. Sich über Sprache Gedanken zu machen ist den Leuten keine Überlegung wert.
Danke für Ihren Kommentar. Ich verstehe und teile Ihren Unmut, fürchte aber, dass es sich wie mit der Mode verhält – die Leute wollen halt immer wieder etwas Neues. Und so muss man als Freund von Stil und Sprache einiges über sich ergehen lassen.
[…] Neben den traditionellen Redewendungen gibt’s auch die saisonal wechselnden, vorzugsweise aus dem angelsächsischen Raum importierten – zum Beispiel fein sein. […]
@HeUma
“Sich über Sprache Gedanken zu machen ist den Leuten keine Überlegung wert.”
Mache mir auch stets “Gedanken über” absente Kommata.
@ Kai Bargmann
“Ich verstehe und teile Ihren Unmut, fürchte aber, dass es sich wie mit der Mode verhält – die Leute wollen halt immer wieder etwas Neues.”
Ich denke, hier gehört entweder ein Doppelpunkt oder auch ein Punkt gesetzt. Die Intention ist klar. Aber der Gedankenstrich macht hier wenig bis keinen Sinn.
Ansonsten volle Zustimmung zu beiden Postings.
Guten Morgen, Herr Classen, danke für Ihren Kommentar. Freut mich, dass wir inhaltlich übereinstimmen. Den Doppelpunkt habe ich so verwendet, wie die Schülerhilfe seine Funktion erläutert: um eine Pause anzuzeigen. Ich hätte aber auch einen Doppelpunkt setzen können – das mache ich, wie man so schön sagt, frei Schnauze. Viele Grüße Kai Bargmann
Ihnen auch einen “Guten Morgen”, Herr Bargmann.
Erst einmal herzlichen Dank für die unerwartet schnelle Antwort.
Mit Ihrem ersten “Doppelpunkt” meinten Sie wohl den in Rede stehenden Gedankenstrich.
Überdies ist Ihre Intention “frei Schnauze” natürlich durchaus im Rahmen des persönlichen Gusto hier gegeben. Ich wollte lediglich darauf aufmerksam machen, dass Ihre – unterstellte – Zielrichtung durch den Gedankenstrich eher abgeschwächt wird.
Nun lassen Sie allerdings imho Ihrer Lieblingsinterpunktion – “frei Schnauze” hin oder her – völlig die Zügel locker:
“Ich hätte aber auch einen Doppelpunkt setzen können – das mache ich, wie man so schön sagt, frei Schnauze.”
Der Gedankenstrich scheint hier jetzt wirklich deplatziert. Da muss ein Punkt hin. Und statt des Kommas gehört nach “sagt” und vor “frei Schnauze” auf jeden Fall ein Doppelpunkt.
Im Rahmen unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung können Sie natürlich so schreiben, wie Sie wollen. Daran kann auch der selige Herr Duden posthum kaum etwas ändern.
Oder woll(t)en Sie mich jetzt einfach auf den letzten April nur ein wenig herausfordern?
Wünsche Ihnen auf jeden Fall einen sonnigen Tag und einen möglichst ausgelassenen Tanz in den Mai.
Hallo Hr. Classen, so schnell es manchmal geht, dauert es in anderen Fällen leider länger, ehe ich antworte. In diesem Fall war es der Technik geschuldet, deren Benachrichtigung ausblieb. Verzeihen Sie! In jedem Fall lasse ich es mir angelegen sein, in möglichst gutem und richtigem Deutsch zu antworten. Im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ließe sich auch ganz anders schreiben, wie Ihnen sicher nicht entgangen ist. 😉 Herzlich grüßt Kai Bargmann