Ein zweisilbiges Wort mit einem Bindestrich trennen? Geht. Vielleicht ist es sogar zwingend, wenn die Alternative eine Leerstelle ist. Oder doch lieber zusammenschreiben?

Wer hätte gedacht, dass der Bindestrich mir soviel Stoff zum Bloggen bieten würde. Als ich im Mai 2011 den ersten Eintrag dazu schrieb, war das nicht abzusehen. Doch seine eigenwillige Verwendung in Medien bietet immer neuen Stoff, vorzugsweise aus der Abteilung Kuriositätenkabinett. Heute kann ich wieder einen besonders schrägen Fall präsentieren, bei dem neben dem Ergebnis vor allem seine Entstehung spannend ist.

Star-Gast: Mit oder ohne Bindestrich

Verzweiflung trieb den Texter: Was wäre ein Star Gast?

In der aktuellen Ausgabe der Stadtzeitschrift „In München“ fand ich diese Anzeige, die für Veranstaltungen im Münchner Olympiazentrum werben soll. (Ich habe die 1/1-Vorlage für eine bessere Darstellung halbiert). In den ersten drei Zeilen finden wir drei zusammengesetzte Substantive – ich zitiere die Schreibweisen:

Star-Gast

Premium Tickets

Top Veranstaltungen

Dass man wie in den beiden letzten Beispielen den Bindestrich einfach weglässt, hat sich zunehmend eingebürgert. Dafür gibt es außer losen Anhaltspunkten kaum eine sachliche Begründung. (Dazu weiter unten.)

Warum ein Bindestrich im Star-Gast?

Stellt sich also die Frage, warum der Texter dagegen den Stargast koppelte? Die kursive Schreibweise wäre die richtige; bei zweisilbigen Wörtern reicht es eigentlich, sie ganz normal zusammenzuschreiben. Die Antwort ist denkbar einfach: In der Schreibung

Star Gast

sind dem Texter wahrscheinlich selbst Skrupel gekommen. Zu einfältig die Schreibung, zu vage die Bedeutung beider Wörter, zu weit entfernt von dem, was er eigentlich sagen wollte. Umgekehrt kam ihm der

Stargast

angesichts der beiden folgenden getrennt geschriebenen Zusammensetzungen unharmonisch vor. Ziel waren wahrscheinlich jeweils zwei Worte in Großschreibung. Hier zeigt sich einerseits der übertriebene Wunsch nach einem strengen ästhetischen Konzept. Andererseits tritt sehr schön die Wichtigkeit des Bindestrichs hervor. Erst seine Verwendung gibt dem Star-Gast Sinn.

Natürlich wäre es ebenso richtig, ja verpflichtend gewesen, Premium-Tickets und Top-Veranstaltungen zu schreiben. Doch im ersten Fall bürgert es sich ebenfalls ein, die zwei englischen Begriffe der englischen Grammatik zu unterwerfen (die nicht koppelt), nicht aber der deutschen, die das tut. Und bei den Top-Veranstaltungen wirkt sich wahrscheinlich aus, dass Top häufig als Adjektiv und nicht als Substantiv verstanden wird. Wenn es aber ein Adjektiv ist, unterbleibt der Bindestrich. Groß geschrieben wird es als Adjektiv nur am Beginn einer Zeile, im Satz klein. So könnte man hier die Sachlage auslegen.

Wer einen unterhaltsamen Überblick zum Bindestrich anhand zahlreicher sinnfälliger Beispiele lesen will, findet bei Bastian Sick Grundlegendes. Sonst geht es hier zur letzten Folge meiner kleinen Serie „Bindestrich, oh binde mich“.

2 Responses to Bindestrich, oh binde mich (9): Der Star-Gast
  1. […] weg damit. Nur was ist die Alternative? Koppeln, also Bindestriche setzen. Oder eben die Binnenmajuskel, zu der manche auch Binnenversalie […]

  2. […] Woche wurde damit begonnen, das Gute-Kita-Gesetz (mit heikler Kopplung) im ersten Bundesland, in Bremen, einzuführen. Ich habe mich gleich gefragt: Was ist das nun – […]


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