Wenn schlechte Nachrichten drohen, wird in Medien einhellig gewarnt. Doch daneben gibt es eine klar zu unterscheidende Alternative: befürchten.

Timothy Geithner machte am vergangenen Freitag Schlagzeilen:

US-Finanzminister warnt vor Staatspleite

lautete die Überschrift der Süddeutschen Zeitung, Ausgabe 28.12., auf ihrer Titelseite. Ich verfolge diese Art von Headline schon etwas länger – in deutschen Medien hat sich eine regelrechte Warnkultur ausgebildet. Was ich damit meine, zeigt ein anderes Beispiel:

Mediziner warnen vor Industrialisierung der Heilkunde

stand als Überschrift  im Sommer letzten Jahres in der Süddeutschen Zeitung. Drittes und letztes Beispiel, diesmal Spiegel Online vom Juli 2012, in einer Geschichte über die Pleite des Nürburgrings:

Die NAG (Nürburgring Automotive GmbH) hatte schon im Frühjahr gewarnt, dass die Formel 1 ohne eine baldige Einigung mit Formel-1-Chef Bernie Ecclestone auf lange Sicht keine Zukunft in der Eifel hätte.

So geht das praktisch ununterbrochen und bedenklich eindimensional. Gewarnt wird immer und überall, die Warnung wird so inflationär gebraucht, dass sie zur Phrase wird. Deswegen plädiere ich für eine Unterscheidung und Erweiterung des Vokabulars durch den Einsatz des Verbs befürchten. Die Befürchtung drückt nämlich das eigentliche Gefühl aus, das der Warnung vorhergeht.

Mediziner befürchten Industrialisierung der Heilkunde

– so klingt es für meine Ohren stärker nach dem, was eigentlich gesagt werden sollte. Das gilt auch für den amerikanischen Finanzminister, der den Finanzkollaps, und die NAG, die . . . na, Sie wissen schon.

Wann befürchten sich anbietet

Wahrscheinlich klingt die Warnung bedrohlicher, verkauft die schlechte Nachricht besser und wird daher bevorzugt. Vielleicht ist es aber auch nur ein Trend, bei dem die Befürchtung aus der Mode kam. Das wäre schade, denn sie hat ihre Berechtigung. Die Warnung trifft am besten in Fällen realer Gefahr, bei denen jemand zu schaden kommen kann – Taifunen, Schusswaffen, tödlichen Krankheiten, Blitzeis, Geisterfahrer etc. Das trifft umgekehrt auf den Finanzkollaps und einen Unternehmensbankrott nur begrenzt zu, und noch viel weniger auf die Industrialisierung der Heilkunde.

Und da wir schon bei Warnungen vor Unglücken sind: Hier geht’s zu „Stilvoll sterben“, meinem Beitrag zur nachrichtlichen Unterscheidung verschiedener Todesursachen.

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