Wieso auf dem Flyer eines tschechischen Hotels von Sozialausstattung die Rede ist, wenn die Toiletten und das Bad gemeint sind.
Die Weihnachtsfeiertage verbringt die Familie gern im tschechischen Marienbad – der verschneite Kurpark mitten in der Stadt und schöne Gründerzeitgebäude vereinen sich dort aufs Trefflichste mit einer weitgehend autofreien Innenstadt. Schon der alte Geheimrat Goethe kam gern nach Marienbad und schrieb hier 1823 die gleichnamige Elegie.
Unweit liegt der Reiterhof Stein in Cheb, dessen Flyer mir vor einiger Zeit ins Haus kam. Jetzt schauen Sie mal genau hin: Links unten, unter Unterkunft, steht „mit Sozialausstattung (WC, Dusche, Badewanne)“. Diese originelle Formulierung machte mich hellhörig, ich wandte mich an eine tschechische Freundin.
Relikt aus der kommunistischen Ära
Handelt es sich um einen Übersetzungsfehler oder nennt man Bad oder Toiletten auf Tchechisch tatsächlich so: Sozialausstattung? Wenn ja, warum? Gab es wie früher im Alten Rom gemeinsame Örtlichkeiten, auf denen man Konversation betrieb? „Interessante Frage“, schrieb sie mir. „Die Übersetzung stimmt, woher aber dieser Ausdruck kommt ist mir nicht klar. Alle einschlägigen Quellen sind sich einig, dass man eher Sanitäreinrichtungen benutzt.“
Auf meine Nachfrage beim Hotelier erhielt ich keine Antwort. Ich wandte mich an das Münchner Institut für Tschechisch. Dort schrieb man mir: „Den Begriff „mit Sozialausstattung“ („sociání zařízení“) für Sanitäreinrichtung oder Sozialanlage benutzt man kaum noch.“ Der Begriff stammt demnach noch aus der kommunistischen Ära, in der fast alles kollektivistischen Charakter hatte: Turnfeste wie die Spartakiade oder etwa Ferien auf Zeltplätzen, wo die Teilnehmer eine große Anlage zum Waschen und als WC benutzt haben – die Sozial- als gesellschaftliche Ausstattung.
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