Aussterbende Worte wie Halunke, Affenschaukel oder Fersengeld haben einen großen Vorteil: Sie fallen auf und prägen sich ein. 

(4.4.2013) Der Schauspieler Jürgen Vogel hat sich auf seinen Unterarm das Wort Halunke tätowieren lassen. Das stand kürzlich im großen Wochenendteil-Interview der Süddeutschen Zeitung. Da kratzt man sich erstmal am Kopf und stellt Vermutungen über sein Selbstbild an, oder? Falsch getippt. Vogel hat einen anderen, überraschenden Grund für seine Hautgravur: Er sagt, er will das Wort nicht aussterben lassen.

Das finde ich gut. Dem Beispiel schließe ich mich gerne an und erweitere es um andere Begriffe. Ich nominiere in freundlicher Erinnerung an einen früheren Textchef-Kollegen ratzfatz und wieselflink, dazu Budenzauber und Quacksalber. Und Kokolores und Kraftmeier möchte ich auch nicht in Vergessenheit geraten lassen. Ach, HaudegenTunichtgut und Schuft sollen auch bleiben.

Was diese Wörter wertvoll macht

Wahrscheinlich klingen einige dieser Wörter für manche Ohren altbacken oder fremd. Aus textlicher Sicht halte ich dem entgegen: Ihr Wert liegt darin, dass sie starke Bilder hervorrufen (Affenschaukel, Fersengeld) oder einen ausgeprägten Rhythmus oder Reim haben (ratzfatz, Remmidemmi) – und das sind erfahrungsgemäß immer die besten Wörter; Wörter, die durch ihre Bildstärke und ihren Eigencharakter auffallen, hängenbleiben, wirken. Natürlich, klar, lebendig – im Gegensatz zum leblosen Techno- und Bürokratensprech. Wenn es stilistisch passt, verwende ich sie gern; das ist redaktionell eher der Fall als bei werblichen Texten.

Links zu Listen bedrohter Wörter:

Wer sich abschreckend unterhalten lassen möchte, hier ein bisschen Bürokratensprech.

One Response to Die Stärke sterbender Wörter
  1. PR-Beiträge 14/2013: April-Scherze & Marketing-Werkzeuge | kommunikationsABC.de 5. April 2013 at 12:51 Antworten

    […] Die Stärke sterbender Wörter […]


[top]

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.