Wenn der Hit zum Überhit wird, wird die Sprache lauter. Oder handelt es sich nur um eine vorübergehende Laune, die schon bald vom nächsten Modewort abgelöst wird?
(31.1.2012) Letzten Freitag erschien „Born to Die“, das Debutalbum der Popsängerin Lana Del Rey – vielleicht haben Sie auch von ihr gehört. Da es um Del Rey im Vorfeld einigen Wirbel gab, machte das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung am Freitag (27.1.12) mit der Kritik der Platte auf. Del Reys vorab ausgekoppelter Song „Video Games“ war Nr. 1 in den deutschen Singles-Charts, das Video wurde auf YouTube bisher 24 Millionen Mal angeklickt – prompt sprach der Rezensent vom Überhit. Doch ist das Grund genug? Die Nr. 1 der Hitparade ist und bleibt ein Hit, wie in Treffer, besonders erfolgreiches Musikstück, oder, über die Musik hinaus, etwas, das für eine bestimmte Zeit besonders beliebt ist („Hit der Saison“).
Das Überangebot treibt zur Überreaktion
Doch das mediale Grundrauschen wird lauter, man muss sich abheben, um aufzufallen. Wer sich im Medienüberangebot durchsetzen will, muss die anderen übertönen, möglichst schrill, bunt, bizarr, hysterisch, übersteigert. Weswegen auch z.B. bei Spiegel Online die geringste Gefühlsregung darin besteht, geschockt zu sein – kleiner scheint es nicht mehr möglich, große Gefühle für krasse Zeilen. Weswegen auch ein seriöses Feuilleton wie das der SZ schon mal überreagiert.
Super, Mega, Über – wie geht’s weiter?
Gelegentlich scheint dabei die Steigerungsform wechseln zu müssen. Super wie in Superhit ist megaout, mega wie in Megahit ist auch schon überholt, wird aber noch verwendet – doch die Lautstärke steigt überall, der Jargon verlangt nach Neuerung. Die kommt prompt und greift schnell auf andere Bereiche über: Überlaut (statt zu laut). Übergroß (wie in überdimensional). Oder übervoll (statt überfüllt).
Dem ließe sich entgegenhalten, dass der Überhit die ganz großen Hits von den vielen kleinen unterscheiden soll. Das allerdings führt an den Anfang zurück – s.o.: Wann ist ein Hit ein Hit, geschweige denn Überhit? Prognose: Überall Überschall – über wird uns noch eine Weile begleiten, aber irgendwann abgelöst werden. Unklar scheint zur Stunde, wie es sich steigern lässt. Lassen wir uns überraschen!