Wer oder was ist eigentlich ein Kulturschaffender? Ein persönlicher Blick auf ein schwammiges Wort und ein Plädoyer für klare Sprache.

Kulturschaffender: stilisierte, symbolische Illustration im Vektorstil

Malt er, fotografiert er oder musiziert er – auf jeden Fall ist er (oder sie) kein Kulturschaffender.

Worte mit Bildkraft – oder eben nicht

Des Öfteren stoße ich auf das Wort Kulturschaffender. Freunde dieses Blogs und Kenner meiner Arbeit wissen, dass ich ein Freund des treffenden Wortes bin. Das schließt ein, Wörter zu verwenden, unter denen sich der Leser etwas vorstellen kann. Dies wird von Fall zu Fall je nach Bildung und Intelligenz unterschiedlich ausfallen, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nicht wenige gibt, die sich wie ich fragen, was sie sich unter einem Kulturschaffenden vorstellen sollen – und ob man möglicherweise etwas anderes sagen könnte?

Meine Faustregel für gute Sprache

Meine Faustregel dazu lautet: Ein Wort ist schlecht, wenn kein Bild dazu entsteht. Das ist beim Kulturschaffenden recht eindeutig der Fall. Also googelte ich – und fand dazu eine Menge. Was der Begriff alles umfasst, ist in der Wikipedia nachzulesen – vor allem sein Ursprung in, äh, kollektivistischen Staatsformen. Und das wandelte mich immer schon an: Kulturschaffender – das klang nach DDR.

Kulturschaffender klingt inklusiv, ohne es zu sein

Zweifellos spielt bei der zunehmenden Verwendung eine Rolle, dass der Kulturschaffende inklusiv und genderneutral wirkt, argumentiert die Historikerin Historikerin Isolde Vogel auf DLR-Kultur. Wobei das nur auf den ersten Blick gilt. Zwar endet das Wort im Nominativ auf -e, was vermeintlich feminin wirkt. Und es lässt sich die Form der oder die Kulturschaffende bilden, doch schon beim unbestimmten Artikel legt sich Staub auf den Glanz: Dann ist es ein Kulturschaffender, also in der unerwünschten männlichen Form, und eine Kulturschaffende.

Warum nicht einfach: Künstler?

„Nun ist der Kulturschaffende nichts anderes als ein Künstler“, meint Rolf Schneider, wiederum in einem Beitrag auf DLR-Kultur. Dem würde ich mich anschließen – und als erste und nahezu uneingeschränkte Alternative anbieten.

Klarheit vor Chiffren

Und sollte die Person, der dieser Beruf zugeschrieben wird, etwas anderes als ein Künstler sein, fühlen Sie sich frei, sie so zu bezeichnen: Als Bildhauer, Fotograf, Maler, Musiker, Museumsshopbetreiber – was auch immer es sein mag. Klarheit gewinnt, auch wenn es heute nicht mehr populär ist, so zu denken. Ich empfehle es dennoch, weil unsere Sprache es ermöglicht. Warum sollte man sie dann nicht so nutzen?

P.S. Alle Überlegenungen bis hierher gelten selbstredend auch für die Medienschaffenden, von denen ich keiner bin, sondern Autor, Texter, Konzeptioner oder Projektmanager – ganz wie Sie mögen, je nach Aufgabe.

Hartnäckiger Beliebtheit unter den unzutreffenden Wörtern erfreuen sich die zusammengesetzten Formen mit Nicht-, wenn Sie an Nichteinhaltung denken wollen, mit der eine Missachtung gemeint ist. Mehr dazu in diesem Beitrag.

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