Zum guten Texten gehört, klassische Stilfehler zu vermeiden – z.B. die Tautologie. Was das bedeutet, wie das geht und warum es sich lohnt, zeige ich an einem aktuellen Beispiel.
Die Sommerpause ist beendet, und so nimmt auch das Blog hier wieder seinen Betrieb auf. Herzlich willkommen zurück.
Als musikinteressierter Mensch schätze ich die Seite Schallplattenkritik. Mir ist klar, der Name klingt prätentiös, was aber hauptsächlich daran liegt, dass diese Institution schon ziemlich lange existiert, und das Wort zur Gründungszeit noch nicht als prätentiös galt. Wie dem auch sei: Gern schaue ich dort vorbei, um mich inspirieren zu lassen, welcher mir noch unbekannten Musik ich mich zuwenden könnte.
Bei meinem letzten Besuch fand ich dort diesen Satz zum neuen Album von Rapper Kendrick Lamar:
Nie zuvor wurde ein Rapper in so vielen Feuilletons positiv gelobt.
Sie können sich sicher denken, dass mir die Wendung positiv loben überhaupt nicht gefiel. Da Lob immer positiv ist, ist in dem Satz eine Tautologie enthalten; Sie wissen schon, wenn Sie einem Ding eine Eigenschaft zuschreiben, die es ohnehin hat. Sie dürfen auch Pleonasmus sagen (oder sich merken), aber ich möchte den Beitrag nicht überfrachten.
So möchten Sie nicht schreiben, und ich möchte dergleichen nicht lesen. Was daran so schlimm sei, mögen Sie einwenden. Nun, Formulierungen wie diese nähren meinen Argwohn, beim Feuilleton handele es sich um eine eitle Schwatzbude, in der lieber Fanschreibe betrieben und wortreich gefühlt wird als begründet zu Urteilen zu kommen.
Tautologie bedeutet Redundanz
Allgemein gesagt müsste man sich in der aktuellen medialen Lage, in der viel geschrieben und wenig gelesen wird, weil jeder schreiben kann, und viele davon Gebrauch machen, weil man dafür weder Ausrüstung noch Geld braucht, sondern nur einen Computer und einen Internetanscluss, an die Tatsache erinnern, dass Sprache in allererster Linie der Informationsübermittlung dient.
Das heißt, Sie möchten so viel Information wie möglich transportieren, und dabei sowenig wie möglich sagen oder schreiben, also Platz oder Zeit beanspruchen. Kurz gesagt ist Redundanz also nicht zielführend, weil sie genau gegen diesn Grundsatz verstößt. Bitte alles Überflüssige streichen – außer, es ist ungewöhnlich schön (im Sinne von stilisitisch oder geistreich) geschrieben. Aber das kommt – verzeihen Sie mir diese kulturpessimistische Bemerkung – nur selten vor. Im Gegenteil: Mir scheint, dass das Vokabular ebenso schrumpft wie die Gedankenvielfalt.
Wie lässt sich Redundanz vermeiden?
In meinen Veranstaltungen gebe ich den Teilnehmern aus eigener langjähriger Praxis diesen Tipp an die Hand: Vor dem Abgeben oder Senden immer einmal über den Text gehen und die Formulierungen kritisch prüfen. Im besten Fall vorher eine Nacht drüber schlafen. Eine der Fragen, die dann zu prüfen sind: Sind alle Adjektive notwendig?
Wie stellt man das fest? Am einfachsten ist der Streichtest. Lesen Sie den Satz oben ohne das Adjektiv. Wenn er immer noch Sinn ergibt, ist das Adjektiv unnötig. In diesem Fall steht da einfach nur loben, während die Aussage sinnvoll bleibt. Also können Sie auf das Adjektiv verzichten. (Ich habe mir eben selbst das Adverb getrost wie in getrost verzichten verkniffen, weil das auch so eine abgestandene Feuilletonphrase ist.)
Alternativ können Sie auch das Adjektiv mit dem gegenteiligen Sinn einsetzen, um festzustellen, ob die Adjektivkategorie überhaupt passt. In diesem Fall hätten sie negativ loben erhalten, was paradox ist – und darauf hindeutet, dass positiv loben tautologisch ist.
Sie suchen noch ein Beispiel für eine Tautologie: Wie wäre es mit dem hochspezialisierten Experten ?