Lost wurde Jugendwort des Jahres 2020. Die gute Nachricht: Endlich wurde wieder ein Wort gewählt, das auch wirklich benutzt wird.

Die Wüste ist eine Umgebung, in der man sich lost fühlen kann.

Jugendwort Lost: Nicht nur in der Wüste kann man die Orientierung verlieren (© Falkenpost auf Pixabay)

Die Chronistenpflicht treibt mich ans Keyboard, allerdings verbunden mit einer gewissen Genugtuung. Nachdem ich das Jugendwort des Jahres in den letzten Jahren nur widerwillig und zögernd mit einem eigenen Beitrag bedacht habe, fühle ich mich in diesem Jahr wieder besser dabei.

Der Grund: Dankenswerterweise hat der veranstaltende Verlag Pons das Prozedere überdacht und aus der Juryentscheidung einen öffentlichen Vote gemacht. Folge: Die Wahl hat wieder mehr Relevanz, wie das Ergebnis zeigt.

Lost im häuslichen Gebrauch

Ich muss Ihnen nicht sagen, dass lost vor cringe und wyld zum Jugendwort des Jahres gewählt wurde. Das haben Sie gestern in den Nachrichtenportalen (z.B hier auf Ntv) oder Diensten (z.B. hier im Börsenblatt) gelesen. Was ich Ihnen aber sagen darf, ist dies: Am Abendbrotstisch habe ich in diesem Jahr kaum etwas öfter gehört als Sätze wie diese:

Papa, Du bist so lost.

Papa, das ist so cringe.

Vorgetragen mit Augenrollen, einem langen sooo und die Augen mit den Händen beschattet. Zitatgeberin war meine 15-jährige Tochter, die ich zu ähnlichen Anlässen ja schon wiederholt als Kronzeugin aufgeboten hatte, aber mit dem gegenteiligen Zweck: Nämlich um die fragwürdigen Entscheidungen und Vorschläge der vergangenen Jahre zu kommentieren, z.B. 2018).

Dies Jahr aber kann ich das Ergebnis voll bestätigen.

Die Konkurrenz

Kritik kann ich nur an der Vorschlagsliste üben. Sie enthielt Wörter, die auch für jemanden, der sich mit Sprache beschäftigt, kaum nachzuvollziehen waren:

  • Lost (ahnungslos, unsicher oder unentschlossen)
  • Cringe (Fremdschämen, auch als Adjektiv mit der Bedeutung unangenehm, peinlich)
  • Wild/wyld (heftig, krass)
  • Schabernack („So, genug Schabernack.“ sarkastisch gemeint, Reaktionen auf ein Video von Philipp Amthor)
  • Mittwoch („Es ist Mittwoch meine Kerle“, Frosch Meme)
  • Sauftrag (Kofferwort aus Saufen und Auftrag, ein geplantes Besäufnis)
  • No front (Erklärung, dass etwas nicht verletzend oder beleidigend gemeint ist)
  • Köftespieß (Synonym für einfache Dinge, die glücklich machen)
  • Digga/Diggah (Freund, Kumpel)
  • Mashallah (wörtlich: Wie Gott will, als Ausdruck für Lob, Kompliment)

Mittwoch z.B. ist ein generisches Wort. Wie kann es Jugendwort des Jahres werden wollen? Digga ist uralt, der Sauftrag als Kofferwort mittellustig.

So vollendet sich eine Etappe: Der Eintrag zum Jugendwort des Jahres 2010 war vor zehn Jahren der erste im Blog.

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