Die Corona-Krise hat nicht nur neue Wörter in die Medien gespült, sondern auch ein paar schöne Wortspiele hinterlassen.

Wortspiel zu Corona

Wenn schon grillen, dann großartig: Zartcore

(20.6.20, aktualisiert am 28.8.20 und 12.2.22) Man soll über Krisen keine Witze machen, weil (oder wenn) Leute gerade unter (oder an?) ihr leiden. Oder vielleicht doch? Schließlich schafft Humor Abstand zu Belastendem.

Ich glaube, man kann es wagen: Ein paar Monate sind vergangen, die Reproduktionszahl sinkt, der Ball rollt, die Politik verteilt Milliarden für Hilfen, die Lage scheint unter Kontrolle.

Ich kann nicht der einzige gewesen, der während der Corona-Zeit so dachte. Jedenfalls habe ich im Laufe der nun drei Monate Beispiele gefunden, in denen man versuchte, dem Geschehen per Wortspiel etwas Heiteres abzugewinnen und damit vielleicht etwas Zuversicht zu zeigen. Motto: Ein bisschen Spaß muss sein. Und vielleicht auch: Wir packen das.

Corona-Wortspiel-Favoriten

Corona-Wortspiel backen statt packen

Humor hilft auch in der Krise: „Wir backen das“

Unangefochten an der Spitze steht der Slogan „Wir backen das“ der Münchener Bäckerinnung. Hahaha! Damit wurde auch das sinngemäße „Wir packen das“ von Bundeskanzlerin Merkel aus dem Jahr 2015 aus der Mottenkiste geholt und persifliert.

Restaurants waren geschlossen, man kochte mehr zuhause, die Grillzeit kommt. Wirklich gut daher, weil nicht zotig, dafür intelligent und inspiriert, ist zartcore, das Wortspiel, mit dem die Edeka für den Steakgenuss am Grill begeistern will, und damit nicht zum ersten Mal meine Aufmerksamkeit geweckt hat.

Sie verwendeten es gleich mehrfach, unter anderem in der – exzellent gemachten – Kundenzeitschrift Mit Liebe, aber auch in sozialen Medien (s. Bildschirmfoto). Hardcore, der Ursprungsbegriff, stammt übrigens aus der Physik, hat aber längst den Sprung in die Umgangssprache geschafft. Die Mundmische schlägt zur Bedeutung vor, dass damit etwas Heftiges bezeichnet wird. Passt!

Corona – Wörter, die kamen

In einer ernsthafteren Betrachtung hat uns die Corona-Pandemie auch ein paar neue Wörter gebracht, die sich medial verbreitet und verfestigt haben, allen voran wohl das Home-Office. Dann vielleicht die Triage, also die Abwägung im Feld, welchen Verwundeten man behandelt, und sehr schön auch die Herdenimmunität, weil sie uns hochnäsige, ach so besondere, jeder Sphäre der Naturwissenschaft enthobenen Menschen wieder zurück ins natürliche Umfeld der Biologie versetzt, in dem sich auch die Tiere tummeln.

Entzückt hat mich auch das kämpferische Motto „Flatten the Curve“ gleich zu Beginn, sowie das social distancing, das ja eigentlich ein physical distancing ist und schon bald durch den bürokratischen Mindestabstand konkretisiert wurde. Nicht zu vergessen der Hashtag „Stayathome“ als Symbol für Solidarität und Wohlverhalten. Hier sehe ich auch ein paar Kandidaten für den nächsten Anglizismus des Jahres.

Neuschöpfung Covidioten

(Aktualisierung, 28.8.20) Während einerseits „die zweite Welle“ rollt, sind andererseits Bürger coronamüde. Sie ignorieren  Abstandsregel und Maskenpflicht, fühlen sich ihrer Freiheitsrechte beraubt und wollen dafür demonstrieren. Auch Rechte marschieren mit. Wie immer man dazu inhaltlich steht: Gespalten, wie das Land ist, hat sich rasch eine treffliche, aber auch diffamierende Wortschöpfung ausgebreitet – die Covidioten.

Es handelt sich um ein Kofferwort aus Covid-19, der medizinischen Bezeichnung des Corona-Virus, und dem umgangssprachlichen Idioten. Seine Bildung wird durch die gemeinsame End- und Anfangssilbe -id möglich. Erfolgsverwöhnte Sympathieträger wie die SPD-Vorsitzende Esken hoffen mit dem tatkräftigen Gebrauch „Haltung zu zeigen“.  Einen klaren Standpunkt einzunehmen und ggf. Wähler für die Bundestagswahl im nächsten Jahr an sich zu binden, klingt so:

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Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich die Vorhersage wage, dass die Covidioten bei der Wahl zum Wort des Jahres eine Rolle spielen werden. Denn bei dieser Veranstaltung wird die Welt ebenfalls noch ganz traditionell in das, was sein soll, und das, was ist, unterschieden.

Falls Sie sich gefragt haben, was Covid-19 für ein Wort ist: Es handelt sich um ein Akronym, also ein Wort aus Anfangsbuchstaben. In diesem Fall  aus dem Englischen: Corona Virus Disease 2019. Das schreiben die Lungenärzte im Netz.

Boostern – Anglizismus des Jahres 2021

Wortwolke rund um Boostern, dem Anglizismus des Jahres 2021

Boostern – ein weiteres von vielen Corona-Wörtern (© Veranstalter)

(Aktualisierung 12.2.22) Boostern, also die Bezeichnung dafür, die Corona-Auffrischungsimpfung zu erhalten, wurde Anglizismus des Jahres 2021. Das ging schnell, denn erst seit Herbst 21 wurde die dritte Impfung verabreicht. Interessant ist, dass das Verb denglisch ist, also streng genommen falsch gebildet wurde und nur im Deutschen so existiert.

Das englische Verb to boost müsste bei Eindeutschung eigentlich zur Form boosten oder geboostet führen, vgl. googlen, browsen, sharen oder committen. Sie sagen ja nicht committern oder browsern, oder? Das überschüssige r erinnert an deutsche Verben wie ballern oder riestern. Ursache für die kuriose Fehlbildung ist wohl, dass das englische Substantiv booster als Grundlage für die deutsche Verbform verwendet wurde. Das wiederum bedeutet nichts anders Verstärker (einer Wirkung oder eines Effekts).

Obwohl es verpönt ist, so zu reden oder zu schreiben, wie einem der Schnabel gewachsen ist, haben Volksmund und Medien hier mal wieder ganze Arbeit geleistet und kunterbunt Fakten geschaffen. (Ein Schelm, der hier Kritik rausliest.) Wie so oft im Zusammenhang mit Anglizismen sei hier angemerkt, dass booster dynamischer und knackiger als Auffrischung oder gar Auffrischungsimpfung klingt. Und wenn die Impfkampagne in Deutschland eins brauchte, dann einen kleinen Kick.

Sie möchten noch mehr zu Wörtern rund um Corona wissen? Die NZZ hat sich mit einem ausführlichen Glossar verdient gemacht. Auch die Wortwolke des Veranstalters der Anglizismusabstimmung gibt einen Hinweis darauf, dass das Virus seine Spuren im Sprachgebrauch hinterlassen hat. Fast möchte ich von einer breiten Schneise sprechen. Zum Schluss ist vielleicht noch der Hinweis auf die Häufigkeitsverteilung der Wörter im Wettbewerb interessant, die das Leibniz-Institut in Mannheim visualisiert hat.

Mehr? Dann hätte ich noch einen Beitrag über Corona-Sprichwörter auf Twitter.

 

5 Responses to Corona: Wörter und Wortspiele
  1. […] ein Verkehrsmittel von Corona profitiert hat, dann das Fahrrad. Es bietet gleich mehrere […]

  2. Großartiger Beitrag! Ich würde gern dazu noch mehr wissen..

    • @Andreas: Vielen Dank! Ob sich eine Erweiterung des Beitrages lohnt, wird der weitere Pandemie-Verlauf mit sich bringen. Ich freue mich ebenfalls über einen Backlink. 😉

  3. […] ging ziemlich spurlos an mir vorüber – doch nicht an der Sprache. Das Jahr verlief stabil, meine Auslastung war weiterhin gut. Danke an alle Kunden, Freunde und […]

  4. […] Der erste, noch unschuldige Beitrag über Corona-bezogene Wörter hier im Blog war dieser hier. […]


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