Hosten und Host – das Verb/Substantiv war mir bislang nur aus der IT/Webprogrammierung geläufig. Jetzt tauchte es in einer Show-Meldung auf. Ein überflüssiger Anglizismus, wie ich finde, der sich leicht vermieden ließe. Wie, steht hier.
Kein Hart, kein Host lautet die Vorzeile zu einer Meldung des Branchendienstes Dwdl über die diesjährige Oscar-Verleihung, die im Teaser wie folgt weitergeht:
Nachdem Ende 2018 eine Kontroverse über den eigentlichen Oscar-Host Kevin Hart entbrannte und dieser im Anschluss hinschmiss, hat die Academy nun bekanntgegeben, dass es gar keinen Host geben wird.
Gleich dreimal hat der Schreiber das Wort host verwendet. Auf kleinstem Raum. Klar, es muss schnell gehen. Und sicher, man sucht dann zack, zack assoziativ nach einem ähnlich klingenden deutschen Wort. Wenn man kein’s findet, lässt man das Original stehen. Besonders dann, wenn es schon eingeführt klingt. Hat ja auch irgendwie was Cooles, host. Aber kommt die Botschaft auch beim Leser an?
Ich habe mit einer Kollegin diskutiert, die nicht so streng wie ich auf Lesbarkeit achtet, für das Thema aber zugänglich ist. Ob sie host verstünde, fragte ich sie? Ja, schon, im Kontext werde es klar, aber es klinge ungebräuchlich. Sowohl beim Substantiv Host als auch beim Verb hosten müssen wir beide als erstes an einen Großrechner denken, bzw. an den Ort, an dem eine Webseite beheimatet ist.
Wer versteht host?
Verständlichkeit sollte beim Schreiben m.E. immer primäres Ziel sein. Toll, wenn Sie Formulierungskönig sind, aber pumpen Sie Ihr Ego nicht zu sehr auf. Denken Sie lieber an den Leser (der selbstredend auch weiblich sein kann), selbst dann, wenn es Sie nach Anerkennung unter Kollegen dürstet.
Wie wäre es so:
Nachdem Ende 2018 eine Kontroverse über den eigentlichen Oscar-Moderator Kevin Hart entbrannte und dieser im Anschluss hinschmiss, hat die Academy nun bekanntgegeben, dass es gar keinen Gastgeber geben wird.
Ursächlich hat der Schreiber sich vermutlich von einem Sieg des Stils über den Inhalt verleiten lassen, der seine Souveränität und seine Kunst beweist: Kein Hart, kein Host – der Versuch einer Alliteration und gleicher Silbenlänge in der Vorzeile muss ihn verführt haben. Hier stellt sich die Frage, ob man zu Beginn einer Nachricht ein Wortspiel machen sollte? Besser nicht, es ist schließlich eine Nachricht, etwas Seriöses, auch wenn sie aus der Unterhaltung kommt. Ohne diesen Zwang sind Sie plötzlich ganz frei.
Ich persönlich bin kein Freund der Dreiteilung aus Vorzeile, Zeile und Intro, denn die drei Elemente sauber voneinander abgetrennt zu texten, kann ganz schön schwierig sein. Oft sind Redundanzen und Rückbezüge die Folge, oder die traurige Konsequenz ist sogar, dass man in den drei Abschnitten alles Pulver verschossen hat und kein Fleisch mehr an der Meldung ist. (Verzeihen Sie die zwei unterschiedlichen Bilder so dicht hintereinander, aber auch mich reiten manchmal die branchenüblichen Formulierungen.)
Glatter ohne Host
Stellen wir uns der Herausforderung, die drei Elemente zu betexten. Was tun? Die Headline ist überfrachtet, die 30 Jahre würde ich als Aufhänger vorziehen.
Erstmal nach 30 Jahren:Oscars ohne Moderator
Das liest sich wesentlich kompakter, meinen Sie nicht auch?
Das Intro missfällt mir ebenfalls, wenn ich es genauer betrachte. Es fließt nicht, der Gedanke ist nicht zwingend formuliert. Der Teaser ist ebenfalls überfrachtet, weil der Schreiber alle Informationen in einen einzigen Satz mit 29 Wörtern gelegt hat. Hinschmeißen ist eine unpassende Wortwahl, zu derb und boulevardesk im Vergleich zu seinem sonstigen Ton.
Wie wäre es so, mit zwei starken Hauptsätzen mit 17 und 14 Wörtern?
Ende 2018 verzichtete Kevin Hart nach einer Kontroverse um seine Person auf eine erneute Moderation der Oscar-Verleihung. Nun entschied die Akademie, dass es in diesem Jahr gar keinen Gastgeber geben wird.
Diese Variante ist kompakter und daher besser zu lesen. Soviel für heute zu sprachlichem Mikromanagement. Wir schalten zu den verwandten Beiträgen über „degradierende Bemerkungen“ und „tote Körper“.