Content Marketing bedient sich journalistischer Formen, ist aber kein Journalismus. Das Briefing stellt die effektive Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern sicher – theoretisch. Erfahrungen und Tipps. (Lesezeit: ca. 6 Min.)
Im Zweitbüro auf Mallorca gönne ich mir nach intensiven Arbeitswochen gern eine Atempause. In den Herbstferien dachte ich an die letzten Wochen zurück und beschloss, für den Blog eine Herzensangelegenheit aufzufrischen, die ich schon länger mit mir herumtrage: Das Briefing, die Chancen, die darin liegen, die Probleme, die es mit sich bringt. Freelancer, bitte weiterlesen!
Kurze Vorrede: Vor ein paar Monaten hatten wir einen Workshop mit einem Kunden. Zweck der Übung war, herauszufinden, was ein Unternehmen von einem Dienstleister wie einer Agentur erwartet. Neben dem, was man vermuten würde (Kreativität und Überraschung durch den Blick von außen) gab es auch ein ganz konkretes, praktisches Anliegen. Unsere Ansprechpartner im Unternehmen sind vielbeschäftigte Leute: Meetings, Mails, Dienstreisen, Strategien entwickeln, deren Umsetzung überwachen, interne und externe Kontakte pflegen – das alles erfordert Zeit und Aufmerksamkeit. Kleinteiliges Tagesgeschäft stört da nur, bindet wertvolle Ressourcen und hält von den eigentlichen Aufgaben ab. Die klare Botschaft lautete:
Entlastet uns im Tagesgeschäft!
Diese kleine Geschichte stelle ich meinem heutigen Eintrag voran, denn auch für mich gilt, nur eine Stufe drunter: Ich bin gut beschäftigt. Ich habe mehr zu tun, als ich realistisch in einem gegebenen Zeitraum schaffen kann. Deshalb versuche ich, meine Arbeit so gut wie möglich zu strukturieren und sie so effektiv wie möglich zu gestalten.
Briefing als Arbeitsgrundlage
Dazu gehört, ein Briefing zu schreiben, wenn ich einen Auftrag an einen Autoren vergebe. Sein Zweck ist, die Vorstellungen des Auftraggebers an einen Dritten zu vermitteln. Ich bilde mir ein, dann hätte man alle Infos auf einen Blick und wüsste, was zu tun ist. Manche Autoren verstehen diese Papiere als verbindliche Arbeitsgrundlage und befolgen sie gewissenhaft. Andererseits gibt es immer wieder Fälle, in denen ich den Eindruck gewinne, sie wären ignoriert oder nur halb befolgt worden. Die Folge: Ich habe mit einem Auftrag mehr Mühe als beabsichtigt. Sei es, dass ich mir die Zeit nehmen muss, ihn zu vervollständigen, bevor er an den Kunden geht, weil Gefordertes fehlt. Oder sei es, dass sich aus der bruchstückhaften Umsetzung Rückfragen seitens des Kunden ergeben, die schlimmstenfalls dazu führen, dass ich den Beitrag noch einmal zur Überarbeitung an den Autor zurückgeben muss – die berüchtigte Korrekturschleife.
Verstehen Sie mich richtig: Die Beiträge, an die ich denke, waren inhaltlich grundsätzlich in Ordnung, vielleicht einen Tick oberflächlich, aber für diesen speziellen Bereich der Kommunikation wie Content Marketing nicht geeignet. Das Umschreiben, das Fertigmachen des Layouts oder die Aufbereitung für das CMS hat mich unverhältnismäßig viel Zeit gekostet. Warum, werden Sie vielleicht fragen, wenn es doch inhaltlich stimmt?
Briefing zur Tonalität
Viel liegt am Ton. Oder an der Tonalität, wie man neudeutsch sagen würde. Bzw. am erzählerischen Ansatz. Wenn sich Autor als Journalist klassischer Prägung versteht, merkt man das hier stark. Im Content Marketing klären Sie nichts auf, decken Sie keinen Skandal auf und müssen nichts kritisieren. Sie sind nicht unabhängig, sondern im Gegenteil: Abhängig. Wichtig für den Hinterkopf ist, dass Sie an einem Narrativ unter der Hoheit des Auftraggebers arbeiten.
Das heißt nicht, dass Sie Dinge verdrehen müssen, sondern nur, dass Sie eine Geschichte in einer bestimmten Art erzählen. An diesem Grundsatz lässt sich nur schwer rütteln. Der Kunde wünscht, der Kunde kriegt. Wer zahlt, schafft an. Beratung ist gut, Widerstand zwecklos, Hingabe die beste Haltung. Unklarheiten kläre ich gern auf, aber Vorgaben sind Vorgaben. Diese Brille sollten Sie tragen, bevor Sie das Briefing lesen. Da versuche ich dies einfließen zu lassen, doch anscheinend reicht das oft nicht.
Versetzen Sie sich als nächstes in Ihren Auftraggeber – und damit meine ich das Unternehmen. Surfen Sie auf seine Seite, machen Sie sich ein Bild davon, wie es sich sieht – und wie infolgedessen Ihr Beitrag vom Ton her so aufgemacht sein muss, dass er sich ins Gesamtbild einfügt. Auch, was Sie sagen sollten, und was Sie besser nicht erwähnen. Nachdem Sie die Unternehmensbrille aufgesetzt und Sie die Welt durch sie betrachtet haben: Wie sieht sie nun aus. Anders, oder?
Die meisten Publikationen im Content Marketing wollen inspirieren. Das ist etwas Positives. Welche Wirkung hat es, wenn Sie eine Geschichte mit einem, äh, problemorientierten Einstieg anliefern? Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass das die Abstimmung nicht passieren wird und zu einer Korrekturschleife führt. Sie machen mir (und sich) das Leben leichter, wenn Sie gleich einen passenden Einstieg liefern: Anschaulich, lebensnah, und bitte recht freundlich. Hier zeigt sich, wie tief Sie schon inhaliert haben: Wer es versteht, ein Problem lösungsorientiert zu verpacken, hat gewonnen.
Briefing zur Form
Head und Zwitis
Isch schwör: Beiträge werden nicht selten nur als Lauftext angeliefert, im Einzelfall sogar ohne Absätze. Intros, Zwischentitel, Headlines? Fehlanzeige. Steht dahinter die Erwartung oder Erfahrung, dass das der Redakteur machen kann? Macht er dann auch, notgedrungen. Aber freudig stimmt ihn das nicht. Denn es kostet Zeit und Energie, er muss sich tiefer in ein Thema einarbeiten bzw. es in einer Tiefe bearbeiten, die er lieber vermieden hätte. Der Vorteil der Arbeitsteilung geht verloren.
In dunkleren Momenten frage ich mich, ob es Ausdruck von Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit ist? Zeitmangel? Vielleicht sogar die Erwartung, dass in der Abstimmung mit dem Kunden so viel geändert wird, dass es die Mühe nicht lohnt? Ja, es kann sein, dass noch korrigiert wird. Es ist sogar sehr wahrscheinlich. Vielleicht sogar viel. Wieviel, lässt sich kaum vorhersagen, weil zuviele Variablen im Spiel sind. (Ich wünschte, ich könnte!) Doch auch wenn dieser Fall droht, nimmt es mir Arbeit ab, wenn Beiträge vollständig abgeliefert werden. Und das heißt, inklusive der Ausstattung. Wer sich als Autor als Heiliger fühlt oder als Edelfeder versteht und erwartet, seine Beiträge blieben unangetastet, sollte Selbstverständnis und Geschäftsmodell überprüfen. Content Marketing ist ein Dienstleistungsgewerbe.
Briefing: Längen-Vorgaben beachten
Womit wir bei den Längen wären: Wenn sich der Redakteur die Mühe eines genauen Briefings gemacht hat, dann bitte dran halten. Und das heißt: Auch die Längen einhalten. Wenn ich 11.000 Anschläge bestelle, brauche ich keine 15.000. Kürzen geht schneller als füllen, kostet aber auch Zeit. Ist nett gemeint, mehr anzuliefern, als Spielmaterial vielleicht. Heikel wird’s, wenn ein Text von Füllwörtern wimmelt. Macht zwar das Kürzen einfacher, fällt aber auf den Autor zurück, weil es nicht besonders sorgfältig wirkt.
Briefing: SEO
Ein Teil des Briefings online betrifft die Suchmaschinenoptimierung. Unternehmen erwarten von ihrer Agentur, dass sie für ein gutes Ranking sorgt. Die organische Suche kann einen wichtigen Teil der Zuführung und des Traffics ausmachen, und Sie wollen doch auch gelesen werden, oder? Wenn ich also bestimmte Keywords möchte oder eine Metadescription anfordere, tue ich das nicht aus Jux und Dollerei. Wenn Sie sich damit (noch) nicht auskennen, empfehle ich die Hilfeseiten von Sistrix – dort können Sie sich die Grundbegriffe draufschaffen.
Briefing: Praktische Tipps
Wenn Sie Fragen haben, einmal Rücksprache halten. Es lohnt sich, Unklarheiten aufzuklären, bevor Sie loslegen. Bei den meisten Anweisungen hat sich der Redakteur etwas gedacht. Machen Sie nicht den Fehler, Sie auf eigene Faust umzudeuten. Kostet am Ende nur Zeit und Mühe – und zwar Ihre.
Wenn Sie das Medium noch nicht oder nicht gut kennen, nehmen Sie sich kurz die Zeit, hinzusurfen oder es durchzublättern. Auf dem Wege können Sie schnell und unkompliziert ein Gefühl für das redaktionelle Umfeld entwickeln, so dass sich Ihr Beitrag problemlos einfügt.
Sie haben es bis hierhin geschafft? Danke für Verständnis und Interesse. Verzeihen Sie meinen stellenweise gereizten Ton, aber es hatte sich ein bisschen was aufgestaut. Notiz an mich: 450. Beitrag.
Mein letzter Beitrag zur Zusammenarbeit handelte vom Leidern.
[…] erlebe das leider immer wieder. Was mich an meinen Beitrag darüber erinnert, warum es wichtig ist, Briefings zu […]