Die Tonalität zu definieren, kann vertrackt sein. Einige wichtige Bestimmungsfaktoren legen sie meist schon so stark fest, dass man sie nicht unbedingt ausformulieren muss.

Tonalität ist abstrakt und mühsam.

Detailarbeit: Die Tonalität zu definieren

Den Sommer über arbeitete ich an einem großen, anspruchsvollen Onlineprojekt mit. Besonders spannend für mich als Texter: Das Ergebnis sollte in erster Linie contentgetrieben sein, also nicht wie üblich werblich wirken, der Content wiederum sollte datengetrieben dynamisch ausgespielt werden. Die Hoffnung war, dass die User dadurch besser an das Produkt gebunden werden würden.

Im Projektverlauf wurde getan, was nicht immer üblich ist: Projektinhalt und -stand wurden ausführlich dokumentiert. Darunter Dinge wie die Content Strategy, und innerhalb derer die Tonalität.

Tonalität: Chancen und Grenzen

Während ich ersteres für gut hielt, weil eine ausformulierte Strategie dem Kunden und Außenstehenden das Konzept umfassend und detailliert vermittelt, wurde es bei der Tonalität knifflig. Über Sprache zu sprechen ist mühsam und abstrakt. Noch schwerer wog die Überlegung, dass womöglich niemand jemals diese Ausführungen liest, weil sie zu abgehoben oder abseitig sind.

Das häufig genannte Argument der Subjektivität führt m.E. in die Irre. Zweifellos ist der Sprachgebrauch jedes Einzelnen unterschiedlich. Doch ein professioneller Texter sollte sich davon lösen können und mit Blick auf den Auftrag und den Auftraggeber die Erfahrung und Flexibilität haben, seinen persönlichen Ton abzulegen.

Explizit die Tonalität zu beschreiben, kam mir wie vergebene Liebesmüh vor. Das Team feilte an Regeln, die es aus dem Markenbild ableitete, und belegte sie mit Beispielen. Das war gut gedacht, wurde aber ein langer, steiniger Weg, den es nicht unbedingt gebraucht hätte. Denn drei andere Faktoren bestimmten die Tonalität klar.

Tonalität: Bestimmungsfaktoren

  1. Das Medium: Im Fokus stand die mobile Nutzung. Daraus ergaben sich
  • eine dialogische Ansprache
  • eine persönliche Ansprache
  • eine Textlänge von 250 Zeichen pro Beitrag (zzgl. Einem Layer mit weiteren 250 – was immer noch kurz ist.)
  1. Die Zielgruppe, die sich vereinfacht gesagt als weiblich, jung und urban beschreiben lässt.

Damit war klar, dass es eine gewisse Lockerheit brauchte, informell sein sollte, und dass wir auf jeden Fall duzen würden.

  1. Die Marke selbst, die es schon eine Weile gibt, die sehr bekannt ist und damit stark imageträchtig aufgeladen.

Vor ein paar Monaten hatte ich Gelegenheit, den Markenguide einer großen Biermarke zu lesen. Darin wurden die Markenwerte und –eigenschaften analysiert und gezeigt, wie sie in den Spots umgesetzt waren. Das war toll gemacht, es klang folgerichtig und überzeugte, doch mir wurde auch klar: Hier wurde noch einmal formuliert, was mir intuitiv ohnehin klar war, was ich spürte, wenn ich an die Marke dachte. Und so war es auch in diesem Fall.

Tonalität: Ziel und Fazit

Dieser Beitrag wendet sich nicht generell gegen eine definierte Tonalität. Ich bevorzuge eine effiziente Vorgehensweise, in der Aufwand und Ertrag in einem positiven Verhältnis zueinander stehen. Wenn also schnell klar ist, wie der Hase laufen muss, kann man das Verfahren m.E. abkürzen. Bei meinem Sommerprojekt schossen wir über das Ziel hinaus.

Das Ziel sollte indessen klar sein, dass nämlich unabhängig vom Texter eine einheitliche Stimme entsteht, mit der das Unternehmen gleichbleibend und wiedererkennbar über sein Produkt spricht.

Vorbilder sind beispielsweise Apple, Ikea, die Telekom und Sixt.

One Response to Tonalität einfach definieren
  1. […] liegt am Ton. Oder an der Tonalität, wie man neudeutsch sagen würde. Bzw. am erzählerischen Ansatz. Wenn sich Autor als Journalist […]


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