Die Großschreibung auf dem aktuellen Cremissimo-Plakat verblüfft und zeigt, wer in der Abwägung Kreativität vs. Rechtschreibung der Schwächere ist.

Cremissimo: Eigentlich klein, im Kontext groß

Cremissimo-Plakatwerbung (in Bremen): Wenn’s drauf ankommt, schreiben wir auch Adverben groß.

Huch, Eiswerbung im Winter? Das ist an und für sich schon mal kurios. Anscheinend versucht man Wachstum zu generieren, indem man Eis auch in Jahreszeiten anpreist, in denen man kein oder weniger Eis isst, um so den Absatz zu stabilisieren. Wahrscheinlich macht das auch die Produktion rentabler, weil sie gleichmäßiger ausgelastet wird.

Noch kurioser aber ist der Widerspruch in der Schreibweise eines aktuellen Plakates, das gerade überall in München, aber auch in Bremen, dem gegenwärtigen Aufenthaltsortes dieses Korrespondenten, für Cremissimo-Eiskreme wirbt. Kurz gefasst und bös zugespitzt geht es um Werbewillkür gegen Rechtschreibung.

Mach dir den Winter Cremissimo

lautet der Slogan. Eigentlich ist Cremissimo der Markenname und wird daher groß geschrieben. Im Zusammenhang mit dem Verb machen aber ist es Adverb. So ist auch der Sinn der Aussage gemeint, hier soll ja offensichtlich auf sinnlichen Genuss angespielt werden. Daher müsste man es klein schreiben. Auf dem Plakat steht es aber groß.

So entsteht Cremissimo

Zugegeben: Die an und für sich gebotene Kleinschreibung sieht komisch aus.

Mach dir den Winter cremissimo

Dann würde vor allem der gedankliche Weg zum Markennamen zu lang werden, der aber wiedererkannt werden soll.

Wie konnte es wohl dazu kommen? Ich kann die Dialoge im Meeting der Agentur oder der Werbeabteilung des Herstellers Unilever hören, um das Dilemma zu vermeiden und die einander widerstrebenden Ziele in Einklang zu bringen. Zweifellos erprobten die Teilnehmer aus Text, Kreation und Produktmanagement Alternativen:

„Mach Dir den Winter glücklich.“

„Geht nicht, ist doch schon unser Abbinder. Glücklich machen macht glücklich.“

„Dann ersetzen wir glücklich. Wie wär’s mit: Mach Dir den Winter hygge.“ – „Werben wir für eine Zeitschrift?“

„Mach Dir den Winter cremig, oder zart, oder gemütlich . . .“ – „Hatten wir alles schon.“  „Zu lahm, zu austauschbar.“

„Nützt nichts, Jungs, wir müssen den Markennamen penetrieren. Cremissimo kennt niemand, alle halten uns immer noch für ein Langnese-Produkt.“

„Verwöhn dich mit Cremissimo.“ (Hier wäre die Schreibung richtig gewesen.)

„Klingt nach ‘nem Schaumbad oder ‘ner Hautcreme.“ „Und der Winter bleibt unerwähnt – dabei wollen wir doch gerade den antizyklischen Absatz ankurbeln.“

Stirnrunzeln, Haareraufen.

„Ach, was soll’s? Die Autokorrektur meines Smartphones setzt auch alle Adjektive groß, weil sie ein Hauptwort erwartet. Die Leute kennen das schon so, niemand wird sich daran stören.“

In diesem Sinne: Machen Sie sich Weihnachten glücklich.

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