Fortbildung für Fortgeschrittene: Neue Trendwörter aus dem Englischen bereichern den deutschen Wortschatz. Lernen Sie den Godspot, stashing und drailing kennen.

Todspot: WLAN in der Kirche

Neuschöpfung Godspot: Bisher nannte man das kostenlose Gespräch mit Gott Gebet

Sie lesen richtig: Der God hält reiche Ernte. Der heutige Beitrag erfordert ein Wortspiel als Überschrift, denn es wendet an, was der Beitrag unter anderem kritisiert: Hammerharte Wortspiele im Deutschen auf englischer Grundlage.

Das Internet verändert mit der Dominanz des Englischen als Lingua franca der Neuzeit das Deutsche so schnell wie noch nie zuvor. Diese von manchen vielleicht als kühn oder steil empfundene These untermauere ich mit drei neuen Wörtern, die mir kürzlich in Medien aufgefallen sind, darunter eine auflagen- und reichweitenstarke Zeitung wie die Welt.

Godspot

Da ist zunächst die Evangelische Kirche Deutschlands, die der Verein Deutsche Sprache kürzlich zum Sprachpanscher des Jahres 2017 kürte. Nicht ohne Grund, wie mir scheint: Die Diener Gottes haben es mit Wortspielen wild getrieben. Hotspots in der Kirche etwa werden als

Godspots

bezeichnet. Bestimmt waren die Schöpfer stolz auf ihr Wortspiel, aber bei Licht betrachtet führt es in die Irre. Ich habe mich erkundigt. Unter einem Godspot versehen die Befragten in meinem Umfeld einen Ort, an dem man eine besondere Verbindung zu Gott hat, vergleichbar einem Beichtstuhl. Auf WLAN kam niemand.

Im Godspot gleich eine Verhöhnung Luthers zu erblicken, wie der VDS meint, weil der bei seinen Übersetzungen monatelang nach deutschen Entsprechungen suchte, scheint mir hochgegriffen. Eine erste Google-Suche ergibt 113.000 Treffer (Stand 29.8.2017). Hübsch sind auch das Motto „Segen erleben – Moments of Blessing“ und der Titel BlessU-2 für eine interaktive Installation, auch wenn es sich hier nicht direkt um Wortschöpfungen handelt. Bei allen drei Beispielen spürt man den bekannten Reflex: Hat es einen englischen Namen, gilt es als zeitgemäß – verzweifeltes Ziel der Kirche.

Stashing

Sie haben eine neue Beziehung, verheimlichen aber Ihrem Facebook-Freundeskreis das junge Glück? Dieses Phänomen können Sie jetzt treffend mit einem englischen Begriff bezeichnen: Stashing. Das berichtete die Welt. Das Wort ist keine neue Neuschöpfung, sondern ein englisches Verb, das auf Deutsch verstecken bedeutet. Daher ist es schwer, eine relevante Suchmenge bei Google zu bestimmen. Für die Relevanz des Begriffes spricht allerdings, das auch englische Medien, etwa der Guardian, das Phänomen so nennen.

Drailing

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Diese Neuschöpfung ist ein sogenanntes Kofferwort, da es sich aus den zwei Wörtern „Drunken Mailing‘‘ zusammensetzt. Ich hätte es beim schnellen Drüberlesen beinahe mit Derailing verwechselt, das aber etwas ganz anderes bedeutet, nämlich Diskussionen in Foren böswillig in eine ungewollte Richtung zu lenken. Drailing bezeichnet den Zustand der trunkenen Melancholie, wenn man seinen sentimentalen Neigungen nachgibt, um dem Ex eine sehnsüchtige Botschaft zu schreiben, die man am nächsten Morgen bedauert.

Meine Fundstelle war „Mimi & Käthe“, ein, äh, Pornoblog laut Selbstbeschreibung (s. Link oben). Berlin, würde ich sagen, Haltbarkeit und Durchsetzung ungewiss. 50.600 Fundstellen (Stand 29.8.2017) sind ein Hinweis, erste lexikalische Vermerke deuten auf Substanz hin. Auf Enzyklo wird die Bedeutung etwas weiter gefasst, was das Wort relevanter macht. Ich komme meiner Chronistenpflicht nach. Und da sage noch einer, ich säße in meiner Filterblase.

Über den Sprachpanscher-Preis habe ich zuletzt 2012 berichtet, als ihn Karstadt gewann.

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