Anglizismen sind beim Texten nahezu unvermeidlich. Doch Screenshot und Update sind zwei Beispiele aus sechs Jahren bloggen dafür, sich permanent selbst zu überprüfen, denn eine deutsche Variante ist häufig ebenso brauchbar. 

Nachtrag statt Update, Bildschirmfoto statt Screenshot

Gut ist, was funktioniert: Nachtrag und Bildschirmfoto

(2.3.2017) Für den Fall, dass Sie nicht von Anfang an dabei waren: Diesen Blog gibt es schon seit 2010. Zunächst hatten die Artikel stärker tagebuchartigen Charakter, waren persönlicher, schärfer im Ton, kürzer und damit unausgewogener.  Sie sind lexikalischer geworden, umfangreicher, mit mehr Bildern, Belegen und Verweisen, um den Einträgen mehr Zusammenhang und Gehalt zu geben. Die Länge ist infolgedessen im Schnitt von 200 auf 400 Wörter angestiegen.

Ich habe in dieser Zeit mehr als 370 Einträge geschrieben, ein ganzes Buch, wenn ich genauer darüber nachdenke. Einige davon waren Anglizismen gewidmet. Sie sind mein täglich Brot, wenn ich texte. Gerade ich könnte eine besondere Vorliebe für sie haben, weil ich vier Jahre als Korrepondent in den USA verbracht habe. Doch genau das macht mich auch sensibel. Dafür dass es modisch ist, sie zu verwenden – das brauche ich nicht. Hypes (ha!), also: kurzlebige Trends ohne Substanz, überlasse ich anderen.

Zugegeben, manche Begriffe klingen auf Englisch besser: aktiver, knackiger, auf den Punkt. Meistens, weil sie kürzer sind, manchmal alliterieren sie, die Kürze macht ein Wort oft besonders dynamisch.

Wozu Screenshots und Updates?

Im Lauf der Jahre habe ich festgestellt, dass es vermeidbare Anglizismen gibt, weil die deutsche Version auch gut klingt. Man muss sie nur kurz auf sich wirken lassen. Vielleicht ist sie eine Silbe länger, aber nicht unbedingt. Das ganze Geheimnis ist, dass man sich beim Texten zunächst von dem sklavischen Reflex, das importierte Wort zu übernehmen, lösen muss. Denn das kommt selbst mir oft als erstes in den Sinn.

Ich habe zwei Beispiele aus der Arbeit am Blog. Absolut vermeidbar ist nach sechs Jahren Erfahrung zum Beispiel das Wort Update für einen Beitrag. Nachtrag hat auch nur zwei  Silben, stammt dazu auch noch aus der gleichen Klangfamilie, da ist am Englischen nichts dynamischer oder kraftvoller. Ausnahme: Wenn ich eine neue Version eines Programms auf einen Rechner aufspiele. In diesem Fall fiele mir nichts besseres ein. (Aber sehen Sie: Programm und Rechner statt Software und Computer. Geht doch, oder?!) Die Aktualisierung dagegen, die auch möglich wäre, hat deutlich mehr Silben, klingt bürokratischer und sperriger.

Gut ist, was funktioniert

Nur geringfügig länger, aber für meine Ohren auch sehr brauchbar ist das Bildschirmfoto statt Screenshot. Das Konkrete-Bildhafte ist genauso da, das Abstrakt-Leblose, das dem Deutschen gern entgegengehalten wird, fehlt. Ich habe mir vorgenommen, noch stärker als bisher drauf zu achten, Bildschirmfoto und Nachtrag zu benutzen und auf Screenshot und Update zu verzichten. Nicht aus einfältigen Gründen wie Sprachhygiene, Deutschtümelei oder Leitkultur. Auch Kategorien wie konservativ oder progressiv sind mir gedanklich fremd. Mich interessiert, was funktioniert. Denn darin liegt eine elementare Aufgabe des Texters: Dinge so zu formulieren, dass sie beim Empfänger ankommen.

So sage ich ganz pragmatisch: Manche Anglizismen sind unnötig. Was bedeutet das? Ich mag neben Präzision und Klarheit in der Sprache Effizienz. Heißt: Ich verabscheue Redundanz. Und diese beiden Anglizismen sind redundant. Sie geben dem Ausdruck und der Aussage nichts, was nicht auch die beiden deutschen Wörter leisten können. Nochmal: Nichts gegen Anglizismen, ich plädiere nur für Maß und Mitte. Da, wo es keine passende deutsche Entsprechung gibt, verwende ich sie gern.

Neue deutsche Worte (er-)finden

In diesem Zusammenhang habe ich einen älteren Blog-Artikel auf Bärentatze.de gefunden, der zwei interessante Gedanken enthält:

„Dafür gibt es kein Wort im Deutschen“ taugt nicht als Argument zur Verteidigung von Lehnwörtern. Man könnte es auch umdrehen und als Aufforderung verstehen: Hier ist etwas Neues, finde dafür das angemessene Wort!

Word! (har!) Oder auch: Das ist ein Wort!

Linguisten verweisen gern auf die Regel, nach denen jede lebendige Sprache neue Wörter bildet. Damit haben sie völlig recht, und diese enthalten auch, dass man sich in anderen Sprachen umsieht. Peinlich wird es nur, wenn die deutsche Sprache keine Wörter mehr bilden darf.

Woran man erkennen kann, wie stark der Druck/die Neigung/die Gewohnheit geworden ist, Englisch als Ausdruck von Weltläufigkeit und Gewandtheit zu verstehen, während einem die eigene Sprache kleinkariert und spießig vorkommt. Daneben spielt wohl die Ökonomie des Denkens eine Rolle: Was mir als erstes einfällt, nehme ich, länger nachzudenken ist zuviel Aufwand ohne erkennbaren Ertrag.

Hat jemand andere vermeidbare Anglizismen? Immer her damit.

One Response to Update und Screenshots: Zwei vermeidbare Anglizismen
  1. […] geht’s zum letzten Beitrag über Anglizismen, der sich mit dem Screenshot und dem Update […]


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