Be Posh heißt eine E-Zigarette. Kühn oder riskant? Wie verfängt ein schwer verständlicher Produktname bei Verbrauchern?

Be Posh Markenname englisch

Das Spice Girl trägt jetzt Bart? (Be Posh-Plakat, München)

(19.1.2017) Erinnern Sie sich an Posh Spice? So nannte sich Victoria Beckham während ihrer Karriere als Sängerin der Spice Girls in den Neunzigern. Schon damals lag es nicht auf der Hand, wofür posh stand, aber man wusste, wer gemeint war: die elegante Brünette.

Jetzt wagt es wieder jemand, dies Adjektiv in Deutschland zu benutzen. Bzw. tut es schon seit zwei Jahren, wie die Marketingzeitschrift Horizont berichtet. Nur dass ich mich immer noch nicht daran gewöhnt habe. Aktuell läuft in München eine Plakatkampagne für E-Zigaretten der Marke

Be posh.

In einer U-Bahnstation stand ich kürzlich vor dem Plakat und fragte mich, ob wohl die Umstehenden die Bedeutung von posh kennen. Im ständigen Streben um Aufklärung lüfte ich nun das Geheimnis. Und: Was meinen Sie? Posh bedeutet  . . . richtig: vornehm, fein, nobel.

Zu Victoria Beckham und ihrer Rolle bei den Spice Girls passt das perfekt. Wie ist es bei einer Zigarette? Das kommt auf den Standpunkt an. Unter Rauchern gelten die Freunde des elektronischen Rauches womöglich als Schnösel, während sich die Tabak-Inhaleure als die einzig wahren Raucher betrachten. Oder die E-Zigarettenraucher halten sich selbst für etwas Besseres. Oder der Hersteller möchte, dass sie das tun.

Die Herkunft von posh

Plausibel scheint mir vor allem, dass eine innere Aufwertung ausgelöst werden soll. So wie man sich gedanklich beim Genuss einer Marlboro über das Bild des Cowboys im Wilden Westen frei und stark fühlen soll, ist bei Be Posh wohl die Idee, dass der Raucher sich einer gehobenen Schicht zugehörig fühlt. Dafür spricht, dass posh für Port Out Starboard Home steht. Mit diesem Akronym sind die Kabinen auf der sonnenabgewandten Seite der Ozeandampfer gemeint, die wohlhabende Passagiere zu Zeiten des britischem Imperiums auf ihren Reisen nach Indien belegten, und sich vor der Hitze zu schützen. P.O.S.H. oder posh habe sich umgangssprachlich als Synonym für die Abkömmlinge der britischen Oberschicht entwickelt, wird überliefert. Dafür gibt es zwar keinen Beleg, doch die Geschichte ist zu schön, um wahr zu sein, und erst recht, um verschwiegen zu werden. Im Blog der Oxford Dictionaries finden Sie einen ausführlichen Artikel dazu. (Achtung, Englisch.)

Der Name als Erfolgsfaktor

E-Zigaretten wird eine große Zukunft vorhergesagt. Sie schädigen die Gesundheit weniger, weil Dampf statt Rauch eingeatmet wird, und befriedigen doch die oralen und kommunikativen Bedürfnisse der Raucher. Andererseits gilt ihre Handhabung als umständlich, ihr Betrieb als teuer.  Die Markteinführung von Be posh vor zwei Jahren ließ sich der Hersteller 30 Millionen Euro kosten, wie das Marketer Magazin berichtet. Der Kampf ist doppelt hart, weil man nicht nur im Zigarettenmarkt Konkurrenten Marktanteile abjagen, sondern auch Raucher zu einem Wechsel ihrer Gewohnheit bewegen muss. Kann das mit diesem Namen gelingen? Welchen Einfluss er auf den Erfolg hat, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Auszuschließen ist er nicht, Preis, Anwendung und Marktverhältnisse können ebenso eine Rolle spielen. Vielleicht ist auch die Gewohnheit der Raucher so stark, dass sie nicht von der klassischen Zigarette wechseln möchten.

Das Verständnis

Ich vermute, nicht allzu viele wissen, was der Markenname bedeutet. Meine kleine Privatdemoskopie bei Journal International, sowohl in der Grafik als auch unter Redakteuren, männlich und weiblich, ergab: Die wörtliche Bedeutung von posh kannte niemand, Posh Spice assoziierten alle Befragten. Doch mit der Erscheinung Victoria Beckhams gingen ganz unterschiedliche Assoziationen einher. „Mager“ hieß es, „grantlig“ meinte ein anderer, „glamourös“ kam der Wortbedeutung noch am nächsten. Was die Verbraucher wohl von be posh halten? Ich habe dazu im Netz nichts gefunden, käme mir als Raucher allerdings blöd vor, wenn ich wüsste, dass meine Zigarette sei vornehm heißt. Dann wüsste ich persönlich lieber NICHT, was der Name bedeutet.

Der Imperativ Be

Soweit zu posh. Was mich daneben stört, ist der Imperativ Be. Sicher ist er als freundliche Aufforderung, eine Art ermutigendes Schulterklopfen gemeint, aber trotzdem. Ich erinnere mich an Be deutsch, einen populären Böhmermann-Clip von 2016.  Ein Elektrogeräte-Hersteller aus Glinde vertreibt seine Produkte unter Be quiet! Die Fitness-Kette McFit wirbt mit Be Proud. Ist gerade in, der Imperativ. Da Moden schnell vergehen, besteht die Gefahr, ebenso schnell überholt zu wirken. Vielleicht hätte posh auch gereicht, um den Aufwertungseffekt zu erreichen. Andererseits scheinen Namen bei Zigaretten nicht so entscheidend zu sein, wenn erstmal eine bestimmte Bekanntheit erreicht ist. Man denke an Marken wie Ernte23, HB oder Roth Händle. Wer dachte jemals über die Bedeutung ihrer Namen nach? Geraucht wurden sie trotzdem.

Schwer verständliche Produkt- oder Markennamen haben Tradition – hier meine Anmerkungen zum VW up. Immerhin können hier Zahlen sprechen: Während der VW Golf 2016 auf 235.935 Zulassungen in Deutschland kam, wurden nur 36.592 up zugelassen (Quelle: Statista). Achtung: Eine Korrelation ist keine Kausalität. Bei den Zulassungszahlen für den up können andere Gründe als der Name eine Rolle spielen.

Ich habe übrigens keine Probleme mit englischen Namen. Meine Lieblingskreation ist das Recruiting-Magazin Ahead, das ich für Journal International entwickelt habe.

One Response to Was taugt der Markenname be posh?
  1. […] muss an der Branche liegen. Letzte Woche erst habe ich über die E-Zigarette namens Be posh berichtet. Jetzt hängt genau an der Stelle, an der man mich davon überzeugen wollte, vornehm zu […]


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