Eine weitere kuriose Kampagne auf Denglisch – bemerkenswert konsequent und mutig, aber auch mit dem Risiko des Informationsverlustes.

Vype-Plakat-2017-München

Anders rauchen 2017 – E-Zigarette der Marke Vype (Plakat in München)

(25.1.2017) Es muss an der Branche liegen. Letzte Woche erst habe ich über die E-Zigarette namens Be posh berichtet. Jetzt hängt genau an der Stelle, an der man mich davon überzeugen wollte, vornehm zu sein, ein neues Plakat, diesmal vom Konkurrenten Vype. Ich schwör. Dieses Unternehmen treibt es noch ein bisschen weiter und geht mit einem lupenreinen Denglisch-Slogan auf Kundenfang.

Dampf Different

Das ist konsequent, und lebt sprachlich primär von der Kraft der Alliteration, dem Gleichklang des Anfangsbuchstabens. Aber nicht nur, denn es hat auch Witz, Selbstbewusstsein und eine gewisse Selbstironie (als Werbetreibender dampfen statt rauchen der eigenen Zigarette zu sagen, ist schon despektierlich): Da leuchtet rot der Dampf und grüßt souverän ein Siegeszeichen. Alles anders, und sloganstützend. Doch man sieht auch das Kreuz mit der Grammatik: Eigentlich ist different ein Adverb, weil es sich auf ein Verb (hier: dampfen) bezieht, und es müsste differently heißen. Ein Schelm, wer glaubt, der Texter habe das nicht gewusst. Stattdessen setzt er darauf, dass der Verbraucher hier anders übersetzt – statt z.B. different. Kurz: Der Slogan ist witzisch.

Die Konsequenz stützt auch der Unternehmensname selbst, ein Kunstwort, von dem auch im zweiten Anlauf nicht klar wird, wie man es ausspricht. Wie vibe (dt. Gefühl, Stimmung, Wellenlänge)? Denkbar wäre mit Blick auf leichteren Konsonanten p hinten auch wipe (dt. wischen), nur dass dann der eine Anfangsbuchstabe (v) stimmhaft, der andere dagegen (w) stumm ist. Und was da gewischt wird, verstehe ich wiederum nicht? Solch ein Kunstwort ist auch deswegen konsequent, weil es die Künstlichkeit dessen unterstützt, was man da tut: Rauch einzuatmen, Verzeihung, Dampf, der eigentlich Rauch sein soll.

Lob des Ungefähren
Der Rest der Seite ist auch gut, surfen sie ruhig mal hin. Da wimmelt es von Flavours (dt. Aromen),  Bottles (dt. Flaschen) und Caps (dt. Kapseln) – wahrscheinlich alles Vokabeln, von denen der Hersteller vermutet, die deutsche Wohnbevölkerung verstünde sie, und sei es nur halb oder assoziativ. Dazu wird die E-Zigarette mal mit („Können E-Zigaretten explodieren?“) und mal ohne Bindestrich („Sind E Zigaretten schädlich?“) geschrieben. Ich fühle mich in meiner Annahme bestätigt, dass es egal ist, wie man schreibt, und auch, was GENAU man sagt, Hauptsache, man wird IRGENDWIE verstanden. (Ich hoffe, Sie halten mich nicht für kulturpessimistisch.)

Angloamerikanischer Hintergrund
Wenigstens können wir in diesem Beispiel im Gegensatz zum deutschen Be Posh einen englischsprachigen Mutterkonzern ausfindig machen. Hinter Vype steckt die BAT, also British American Tobaccos, wie das Impressum der Seite verrät und was den stark anglifizierten Sprachgebrauch erklärt. Neben dem denglischen Vokabular wird sonst konsequent gekoppelt, d.h. Substantive mit Bindestrich verbunden (Gratis-Versand), mit Ausnahme aller Kombinationen von Substantiven mit dem Markennamen selbst (vype ePen Starterset). Typisch auch, Substantive klein (vype) bzw. gemischt zu schreiben (eCig). Da hat die Autokorrektur zwar alle Hände voll zu tun, doch es entspricht bis ins Detail der Praxis, die ich auch von meinen Konzernkunden und anderen großen Unternehmen kenne. Auch im Umgang mit dialogischem Ton und direkter Ansprache (Calls to Action wie „Jetzt kaufen“, „Chatten Sie mit uns“) oder auch den Bestandteilen (attraktive Angebote und exklusive Rabatte) kann ich nicht anders, als höchste Professionalität zuzubilligen. Da wusste man, was man tat, da sitzt jeder Handgriff.

Insofern ist mein Eindruck, Vype fasst gut den gegenwärtigen Stand in der Kommunikation zusammen:

  • Englisch gilt weiter als cool, gerade bei lifestyligen Produkten oder Dienstleistungen und jüngeren Zielgruppen.
  • Man nimmt bewusst in Kauf, im Detail nicht verstanden zu werden, solange die Botschaft insgesamt ankommt,
  • und hält sich sonst eng an die gängige Markenpraxis.

Und wenn ich mir die URL govype vergegenwärtige, verstehe ich besser, warum die Konkurrenz sich für den Markennamen Be posh entschieden hat.

2 Responses to Vype: Noch ‘ne E-Zigarette auf Denglisch
  1. […] Unternehmen handeln öfter so. Das fiel mir zu Beginn des Jahres z.B. bei E-Zigaretten […]

  2. […] dass die Plakatkampagne für die E-Zigarette Vype auch schon so seltsam war, dass sie mir einen Blog-Eintrag wert […]


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