Zwei Schlagzeilen erregten an diesem Wochenende meine Aufmerksamkeit: Eine außerordentlich gelungene und eine misslungene.

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„Anspielungsreiche Doppeldeutigkeit“ (taz-Schlagzeile, Bildschirmfoto)

(3.10.2016) Man kann von der taz halten, was man will, aber ihre Titelgestaltung ist nicht selten kreativ und köstlich. Dazu gehören geniale Kombinationen aus Text und Bild, konkret Schlagzeile und Aufmacher. An diesem Wochenende gab es dafür ein weiteres schönes Beispiel (s. Bild). In einer Geschichte über die „Identitäre Bewegung“, deren Vertreter offenbar Hipster-Vollbärte tragen, ordnen die Gestalter einem schlichten Porträt ein Sprichwort zu.

Nazis haben jetzt so einen Bart

Das hinkt zwar geringfügig, weil hier jemand (und nicht etwas) einen Bart hat, aber das überwiegt die anspielungsreiche Doppeldeutigkeit bei Weitem. Da hat jemand im wörtlichsten Sinn einen Bart, und zugleich im übertragenen Sinn. Denn wenn etwas einen Bart hat, ist es nicht mehr aktuell, sondern veraltet und aus der Mode, wie zum Beispiel die Redaktion Geolino treffend definiert hat. Und das passt hier in der Aussage wie die Faust aufs Auge.

Eine ganz andere Frage ist der denunziatorische Aspekt, dass hier jemand gezielt als Mitglied der Identitären Bewegung genannt wird. Wollen wir hoffen, dass das öffentliche Interesse an der Berichterstattung den Schutz der Persönlichkeit überwiegt. Aber das soll hier nicht Thema sein, ich will nur die originelle kreative Leistung würdigen.

Schwach: Schwarzenegger in der Polizeikontrolle

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Unnötige Alliteration überfrachtet die Zeile (Spiegel Online, Bildschirmfoto)

Unteres Lokalzeitungsniveau liefert dagegen Spiegel Online mit der Zeile zu einem Bericht über Arnold Schwarzenegger, den Polizisten auf dem Münchner Hauptbahnhof stoppten. Schwarzenegger radelte nämlich, was dort untersagt ist. Zugegeben, die Aufgabe war schwierig, weil eine Menge Aspekte zusammengefasst werden mussten: Dass es sich um Schwarzenegger handelt, dann die überraschende Handlung, den Ort, weil man den Weltstar dort nicht erwartet, und schließlich das Ereignis selbst – die Polizei stoppt ihn. Daraus wird dann diese krude, rumpelnde und viel zu lange Schlagzeile – s. Bildschirmfoto:

Polizei stoppt radelnden Schwarzenegger im Münchner Hauptbahnhof

Mann, ist das schlecht. 65 Zeichen – viel zu lang. Ursache für das Übel ist die Eitelkeit des Schreibers. Er will nämlich in der Vorzeile eine Alliteration unterbringen:

Beinharter Biker

Das klingt zwar gefällig, hat aber NULL Informationswert. Die Infos dagegen muss er alle in die Hauptzeile quetschen, die dann völlig überfrachtet ist. Das Radeln taucht dagegen doppelt auf und ist damit redundant – in der Vor- und der Hauptzeile. Das wäre wesentlich eleganter zu lösen, indem man die Eitelkeit der Information unterordnet:

Mit Bike im Bahnhof:

Münchner Polizei stoppt Schwarzenegger

Dann hätte man sogar noch eine Alliteration (Bike-Bahnhof), aber die Schlagzeile wesentlich entlastet. Mit 35 Zeichen ist sie halb so kurz. Ihre Bestandteile sind auf Subjekt, Prädikat und Objekt reduziert. Und trotzdem ist alles drin, und das Radeln nur einmal.

Zuletzt fiel mir SpOn beim unterverkauften Wolf durch eine schwache Zeile auf, die taz dagegen schon früher positiv.

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