Zusammen- und Getrenntschreibung für Fortgeschrittene: Warum es vorteilhaft ist, lange Substantive durch einen Bindestrich zu trennen, was aber viel häufiger gemacht wird – und was man daran noch erkennen kann.

(5.7.2013) In der Münchner Feuerwehr muss es mindestens einen Mitarbeiter geben, der tief verinnerlicht hat, dass man im Deutschen lange Wörter durch Zusammensetzen bilden kann – und der dies auch systematisch praktiziert. Vielleicht ist es sogar eine ganze Abteilung. Denn ich kam nochmal an der Münchner Hauptfeuerwache vorbei, über ich erst kürzlich hier berichtet habe, und tatsächlich – die Sache fußt auf einem Regelwerk.

Diese Woche stand da nämlich ein ähnliches Fahrzeug mit einer Beschriftung, die mich gleichzeitig denken ließ: Man kann die Dinge noch steigern. Stand da neulich noch Brandsimutionsanlage, so las ich nun:

Atemschutzübungsstrecke

Statt eines zusammengesetzten Wortes mit drei Bestandteilen waren es nun vier. Atem, Schutz, Übung, Strecke. Und tatsächlich: So nebeneinander gereiht, aber sogar ohne Komma, sieht es man es heute oft, vor allem, wenn Markennamen beteiligt sind. So schreibt beispielsweise ein weltbekannter Markenartikler XXX Damen Armbanduhr – für XXX denken Sie sich bitte den Markennamen.  Weil die Kopplung zwischen Marke und folgendem Substantiv unerwünscht ist, wird das Koppeln mit dem dritten Substantiv auch gelassen. Könnte man ja machen: Damen-Armbanduhr. Über den Grund kann ich nur spekulieren, aber die Erfahrung zeigt, dass es einen Drang zur Einheitlichkeit und den Wunsch nach klaren Regeln gibt. Einmal koppeln, einmal nicht, weil es dafür eine Unterscheidung gibt – das gilt oftmals schon als unklar.

Sprache spiegelt Eigenschaften

Dafür lassen sich reihenweise Beispiele finden, wie z.B. auch in Jim Beam Bourbon. Insofern steht die Beschriftung des Feuerwehrwagens in einem bemerkenswerten Gegensatz zum allgemeinen Trend. Vielleicht ist dieser Gegensatz sogar symptomatisch für bestimmte Eigenschaften von Privatwirtschaft und Staat (sofern man die Feuerwehr als staatliches Organ begreifen möchte). Im einen macht man, was man will; im anderen unterwirft man sich buchstabengetreu einem Regelwerk. Im einen ist man fortschrittlich, im anderen konservativ. Der eine verändert sich, der andere neigt zur Starre.

Im konkreten Fall empfiehlt sich, den sperrigen Terminus aus 22 Buchstaben sinngemäß durch Koppeln zu teilen. Denn 22 Buchstaben in einem Wort – das ist dreimal so lang wie das durchschnittliche deutsche Wort. Nur wo teilen? Sinnüberprüfung: Da der Atem auf einer Übungsstrecke geschützt werden soll, würde ich so koppeln:

Atemschutz-Übungsstrecke

So lässt es sich deutlich besser lesen. Hier geht’s zur vorigen Feuerwehr-Folge.

3 Responses to Bindestrich, oh binde mich (5) – Neues von der Feuerwache
  1. Medien-Woche 27/2013: Sommer-PR, Repins & Start-ups | kommunikationsABC.de 5. Juli 2013 at 14:46 Antworten

    […] Bindestrich, oh binde mich – Neues von der Feuerwache […]

  2. […] geht’s zu einem weiteren Beitrag, der zeigt, wie der Bindestrich hilft, wenn’s […]

  3. […] für Punkt 2, weil sich im Deutschen die Substantive beliebig lang zusammensetzen lassen, z.B. zu Atemschutzübungsstrecke. Aber auch 3 (im Beamtendeutsch und Marketing-Sprech) sowie 4 (Verwaltungssprache) sind […]


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