Über Männer, Frauen und ihre Funktion zu schreiben, ist eine Herausforderung geworden.  Wie man das lösen kann – am Beispiel aktueller medialer Fundstücke.

Mittwoch in der Tagesschau: Sprecher Jens Riewa verlas eine Meldung aus den USA. Julia Pearson werde die erste

weibliche Direktorin

des Secret Service, hieß es darin, der Organisation, die für den persönlichen Schutz des Präsidenten und seiner Frau zuständig ist. Hier wurde gleich doppelt gesagt, dass eine Frau die Spitzenposition übernommen hat, denn die Direktorin ist bereits weiblich. Es hätte also genügt zu sagen, Frau Pearson werde die erste Direktorin des Secret Service (vielleicht unterstützt durch eine sanfte Betonung Riewas auf der letzten Silbe) – oder der erste weibliche Direktor. (Es sei denn, der Schreiber wollte den Umstand durch die Wiederholung hervorheben.)

Das grammatische und das biologische Geschlecht

Die letzte Formulierung mag paradox klingen, ist aber logisch korrekt. Das liegt am Unterschied zwischen Genus und Sexus, also grammatischem und biologischem Geschlecht. Beide haben nichts miteinander zu tun. Trotzdem ist die Unterscheidung heute weitgehend vergessen oder wird ignoriert. Ein Direktor kann also eine Frau sein, ein Leser oder Bürger übrigens auch.

Fälle wie dieser häufen sich. Die Süddeutsche Zeitung berichtete erst am Montag – unter der Überschrift Unter Frauen –  über den Mangel an

männlichen Lehrern

an Grundschulen. Der (sprachliche) Lehrer kann zwar (geschlechtlich) Mann oder Frau sein; die Formulierung ist trotzdem redundant, weil ich von einer Lehrerin spreche, wenn ich eine Frau bezeichne, der Lehrer ist in diesem Zusammenhang also ohnehin männlich. Dies ist der Kern meiner Kritik: Die Beispiele zeigen, wie die Sprache umständlicher wird, ohne dass der Leser durch das zusätzliche geschlechtsbezeichnende Adjektiv Information gewinnt.

Geschlechtsneutrale Straßenverkehrsordnung

Dass die Sprache auch nicht schöner wird, zeigt die neue Straßenverkehrsordnung, die (ausgerechnet) am 1. April in Kraft tritt. Darin heißt es künftig „zu Fuß Gehende“ statt „Fußgänger“, „Mofa Fahrende“ statt „Mofafahrer“, „Fahrende von Rollstühlen“ statt „Rollstuhlfahrer“, wie Spiegel Online berichtet. Grund ist die sog. „Erfordernis der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern“. Bei genauerer Durchsicht stellt der geneigte Leser fest: Wörter wie Verkehrsteilnehmer, Polizeibeamter oder Antragsteller sind auch in der Neufassung enthalten. Aus journalistischer Sicht freue ich mich jetzt schon auf künftige Verkehrsberichterstattung: „Bei einem tragischen Unfall kam gestern ein zu Fuß Gehender ums Leben . . .“ Stilistisch muss ich sagen: So etwas Holpriges möchte ich nicht lesen.

Mehr zum Thema? Vor einiger Zeit schrieb ich über die schöne Geschichte von den männlichen Flugbegleitern. Und eine grundlegende Kritik an der geschlechtsneutralen Straßenverkehrsordnung gibt es auf Spiegel Online.

2 Responses to Geschlechterkrampf
  1. […] überhaupt formulieren kann. Die Präsidentin ist eine Frau, heute nicht selten verwendete Formulierung, soll ebendas leisten, ist jedoch redundant bzw. ein aussageloser Satz; das Besondere, dass […]


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