Mit Worten zu spielen, liegt beim Zeilenmachen auch im Januar weiter voll im Trend. Jedes Mittel scheint recht, um Aufmerksamkeit zu erzielen – da darf die Überschrift auch mal kalauern.

Das Netz hat die Nachricht; neben dem inhaltlichen Weiterdrehen lässt sich auch mit sprachlicher Veredelung rhetorischer Mehrwert und Aufmerksamkeit beim Leser schaffen. Das kann unterhaltsam und geistreich sein, aber als Minimalanforderung sollte ein inhaltlicher Bezug der Redewendung (oder was auch immer verfremdet wird) mit dem Thema vorhanden sein. Vielfach ist das nicht der Fall, Wortspiele werden auf Gedeih und Verderb gemacht, ob sie zum Thema passen oder nicht. Hier sollte man sich als Schreiber die Frage stellen, wie angemessen die Schlagzeile ist. Gerade bei ernsten Nachrichten oder Themen ist das oft nicht der Fall. Ich rate zur Vorsicht, wenn der Kalauer droht. Mein Tipp: Vielleicht einfach mal auf den Gag verzichten – und lieber inhaltlich denken.

Beispiele aus dem Januar: Spiegel Online titelte

Blech gehabt

zum zehnjährigen Jubiläum des Dosenpfandes. Tut nicht weh, ist aber ein lupenreiner Kalauer ohne Themenbezug, denn Pech hat hier zunächst mal niemand, außer vielleicht der Handel und die Verbraucher, die das Blech in selbigen zurückschleppen müssen.

Doch der Humor lässt sich stufenlos steigern:

C’est la Vieh

stand im Veranstaltungskalender der Süddeutschen Zeitung über einem Hinweis zu einer Reitshow. Hier hat die Überschrift ebenfalls nichts mit dem Thema zu tun – Wortspiel um des Wortspiels willen, weil sich Pferde zur Not auch als Vieh bezeichnen lassen. Ja, so ist das Leben.

Den Vogel schoss wiederum Spiegel Online ab:

ADAC-Lichttest: Jedes zweite Auto hat einen an der Lampe.

Hier tritt die Nachricht über ein wichtiges, ernstes Thema wie Sicherheitsmängel bei Autos auf Kosten eines Witzes in den Hintergrund. Die Verbindung zum Inhalt? Null, sprachlich schief, inhaltlich sogar irreführend: Einen an der Lampe zu haben heißt laut Duden so viel wie betrunken sein; mir ist es als verrückt sein geläufig.

Die Süddeutsche Zeitung spricht derweil unverzagt eine

Unverbindliche Eisempfehlung

aus – während der Artikel sich um das winterliche Chaos auf Straßen, Schienen und Flughäfen dreht. Witzisch! Hier bricht sich das deutsche Schadenfreudeprinzip Bahn – soviel zur Angemessenheit. Apropos Prinzip: Ich hoffe, Sie haben die Machart für Wortspiele erkannt: Man suche eine Redewendung mit einem ähnlich klingenden Wort und tausche einen Buchstaben respektive das Wort aus.

Ein letztes Beispiel: Zur Sexismus-Debatte fiel der FAZ

„Prüder in Waffen“

ein. Die Geschichte war gut, sie analysierte Laura Himmelreichs Stern-Artikel über Rainer Brüderle erfrischend vorurteilsfrei, doch die Überschrift war Wortspiel um des Wortspiels willen. Was haben Waffen mit der Sache zu tun? Wer sind überhaupt die Waffenbrüder? Die Kontrahenten Brüderle und Himmelreich stehen sich vielmehr unversöhnlich gegenüber. Auf den Punkt und wortspielfrei die Schlagzeile der BILD dazu:

Wieviel Brüderle ist erlaubt?

Hier sieht man: Intelligenter Inhalt schlägt verkrampftes Wortspiel. Vielleicht interessieren Sie ein paar generelle Anmerkungen zu dieser Machart von Überschriften?

3 Responses to Januar-Headlines: Kalauer is King!
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