Auf Plakaten muss in extrem kurzer Kontaktzeit die richtige Botschaft kommuniziert werden. Wie wirkt der englische Claim des Anzugherstellers Boggi?

(20.1.2013) Heute mal wieder eine Entdeckung aus der wunderbaren Welt der Münchner U-Bahn. Auf diesem Plakat, einer Werbung für den italienischen Anzughersteller Boggi und sein Geschäft in der edlen Innenstadtpassage „Fünf Höfe“, wurde auf Teufel komm raus wortgespielt. Slogan: „I Suit the World“. Nur vier Wörter – und so viel Bedeutung.

Das Motiv dazu: Model im Anzug, gutaussehend, wohlhabend, souverän, blickt aus einem großen Fenster auf eine Großstadt unter ihm. Wir assoziieren Weltläufigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und Erfolg. Wo Boggi ist, ist oben. Und wenn wir alle diese Anzüge tragen, können wir auch dorthin kommen.

1. Das beworbene Produkt, der Anzug, kommt im Slogan vor – hoffentlich wird der Suit als solcher identifiziert. Anderenfalls muss man Boggi schon kennen. Nehmen wir es für die Klientel der „Fünf Höhe“ an. Nächste Frage: Fahren die U-Bahn? Oder steuern die nicht vielmehr ihren SUV vor die Ladentür des Herrenaustatters? Aber okay, das betrifft die Mediaplanung, nicht die Gestaltung.

2. Der „I Suit“ macht sich angesagte Wortschöpfungen wie iPad oder iPhone zu eigen.

3. Wörtlich: „Ich passe der Welt“, Betonung auf „ich“, verkörpert vom Model. Eine schräge Aussage zum vermuteten geschäftlichen Erfolg? Der Sinn die Aussage erschließt sich nicht, außer dass sie ziemlich egoman und großspurig klingt. Und man muss wissen, dass suit als Verb passen heißt. Hoffen wir ein weiteres Mal, dass alle Leser auf dem Niveau englisch sprechen.

4. Andere Lesart: Man versteht das Produkt, den Anzug, als Sprecher. Klingt immer noch anmaßend, und sprechende Anzüge ergeben keinen rechten Sinn. Cleverclever: Der Sprecher (Suit) macht ein Wortspiel mit sich (to suit).

5. Wie 4., aber Betonung auf Welt. Aussage sinnvoller, wohl die gemeinte, aber recht vollmundig. Dieser Anzug soll also etwas für alle sein? Ich kenne einen Widerspruch zur  Exklusivität, für die Boggi und die „Fünf Höfe“ stehen und die naturgemäß nur wenige betrifft.

Ob der flüchtige Beobachter die Anspielungen alle wahrnimmt? Ich bezweifle es. Hier haben Texter und das Team sich zuviel vorgenommen.

Sie interessieren sich für mehr englische Claims? Wie wärs mit „For those who do“, „Turn on tomorrow“ oder „Adidas is all in“?

One Response to Der sprechende Anzug
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