(29.7.2012) Dieses Wochenende macht die Süddeutsche Zeitung ihr Feuilleton mit einem Artikel über Selbstoptimierung durch Apps auf. Ich lese „füllige Menschen“ für „Übergewichtige“ (oder gar „Dicke“). 1.970 Treffer bei Google für „füllige Menschen“, 12.100 für „mollige Menschen“, die mir alternativ angeboten werden. Dicke, soviel wird beim Überfliegen der Suchergebnisse klar, scheint verpönt zu sein.

Mehr und mehr ist Fingerspitzengefühl gefragt, Sprache als Gratwanderung: Wie weit geht die Rücksichtnahme, wo endet die Einfühlung, wo beginnt die Diskriminierung? Um mit Theodor Ickler zu fragen: Wie viel Schonung braucht der Mensch? 

Sprachlich muss man sagen: So wird es aufgebläht, steif, ungefähr und umständlich. Die Realität verschwimmt, wenn etwas oder jemand nicht mehr als solches bezeichnet werden darf. Ich sehe das Bild eines Dicken vor meinem inneren Auge, denke „dick“, muss dann aber in einem weiteren Arbeitsgang übersetzen, weil „dick“ sich nicht schickt. Dafür drücke ich mich politisch korrekt aus und grenze nicht aus, sondern integriere.

Die Ausdrucksweise passt zum Tenor des Artikels, einer unangenehmen Mischung aus Fatalismus und Schwarz-weiß-Malerei: Wir können nichts dafür.

Mehr über den Triumph des Menschen in den Medien.

2 Responses to Rücksichtsvoll, aber unscharf: „Füllige Menschen“
  1. […] ein anderes Synchronisationsproblem, hier ein Eintrag zum gehäuften Vorkommen des Menschen in den Medien. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Tipps, Trends, Übersetzung abgelegt und […]


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