Wie Apples Spracherkennungssoftware Siri den amerikanischen Satzbau in die deutsche Sprache bringt – und welche Fehler Siri entlarven.

(18.6.2012) „Wird es dieses Wochenende sonnig in Madrid?“ fragt die Stimme am anderen Ende der Hand – s. Abb. Und dann diese unglaubliche Antwort im Display:

„Es wird sonnig sein an diesem Wochenende in Madrid, Spanien“,

lässt Apple Siri sagen. Siri ist die Sprachsteuerung des iPhones, und Siri ist ein Hit – jeder will sie. Experten sagen ihr eine große Zukunft voraus. Siri ist an und für sich schlau und kann für eine künstliche Intelligenz auf einem Smartphone-Chip verblüffend viel. Siri kann einen Tisch im Restaurant reservieren, ein Meeting verschieben, oder Antworten auf einfache Fragen wie zum Wetter geben.

Nur Deutsch kann Siri nicht. Ich wünsche mir für die Zukunft besseres, also typischeres, vertraut klingendes Deutsch.  In dem kurzem Satz aus der Anzeige sind drei kleine Fehler. Keine richtigen Fehler, für die der Lehrer einen roten Strich an den Rand malen würde, aber vielleicht würde er die Stellen rot unterkringeln. Indizien dafür, dass Siri nicht originär deutsch spricht, sondern ihr Deutsch ziemlich krude aus dem Englischen übersetzt wurde.

Indiz 1. Wer sagt Madrid, Spanien?

Amerikaner, keine Deutschen. Madrid, Spanien, ist in Deutschland ungefähr so üblich wie in den USA nicht Madrid, New Mexico, zu sagen. Also gar nicht. Ebensowenig wie man nicht Mailand, Italien, oder Amsterdam, Niederlande, oder Prag, Tschechien, sagt. Im Deutschen steht der Name einer Stadt ohne das Land dahinter. Bisher jedenfalls.

Indiz 2. Wer benutzt Futur?

Wenn mich jemand fragt, wie am Wochenende das Wetter wird, sage ich: „Es wird sonnig.“ Ich sage nicht: „Es wird sonnig sein.“ Ich verwende also kein Futur. Das tut man an der Stelle im Englischen: „I think it’s going to rain today“, singt zum Beispiel Randy Newman.

Indiz 3. Wer stellt beim Sprechen „sein“ in die Satzmitte?

Die Wortstellung ist verräterisch. Wenn schon Futur, dann: „Es wird an diesem Wochenende sonnig in Madrid sein.“ Und nicht: „Es wird sonnig sein in Madrid.“ Natürlich ist das grammatisch erlaubt; man kann im Deutschen die Worte fast beliebig tauschen. Aber in der Nuance ist es untypisch. Und erst recht nicht schön.

Mangelt es Apple an Sprachgefühl? Ist es ihnen egal, weil die Leute das iPhone sowieso kaufen? Diese Fragen spielen insofern eine Rolle, als Apple seine Kunden mit ansprechenden Designs überzeugt. Schönheit bzw. Ästhetik ist ihnen also wichtig, aber anscheinend nur bei der Produkthülle. Schade, denn Siri könnte noch besser sein, also ein wirklich vertrauter Freund werden, wenn der Tonfall landestypischer wäre.

P.S. Die beste Antwort wäre „ja“ gewesen. Mehr derzeit angesagtes Denglisch. Und auch bei TomTom-Navis hapert es noch am rechten Sprachfluss.

One Response to Woran man Siris schlechtes Deutsch erkennt
  1. lese hier immer wieder gerne und bin oft mit dir konform. einen kommentar abzugeben, ist man leider nur gewillt, wenn einem etwas ins auge springt. hier und heute: “unterkringeln”. eine neuschöpfung? kringeln meint, etwas einzukreisen, in diesem fall wohl ein wort. aber unterkringeln?

  2. Guten Morgen, e.,

    long time, no speak, schön von Dir zu hören.
    Danke für den Hinweis. Du hast recht, kringeln bedeutet, etwas einzukreisen, ich meinte: Eine Schlangenlinie machen, also unterschlängeln. Was sagst Du zu Siri?

  3. nichts. habe ich mich noch nicht mit beschäftigen können, da iphone 4 (ohne s)- besitzer.

  4. […] Personal, das frei von Sprachgefühl sich sklavisch an den Wortlauf hält. Vgl. auch Beispiel von Apple, Microsoft und TomTom. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Tipps, Übersetzung abgelegt und […]


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