Robin Gibb (in der SZ): Der bestaussehendste Bee Gee?

(23.5.2012) Am Text wird generell gern gespart („Liest ja eh keiner“), am Lektorat besonders („Wozu hat Word eine Recht-schreibkorrektur?“). Die automatische Prüfung ist zwar tatsächlich ziemlich gut und deutlich (rot und grün unterstrichen), aber sie kann immer noch nicht denken. Das tut der Lektor: Ob Fakten, Sinn und Aussagen stimmen, kann er ebenso prüfen wie Stilblüten pflücken.

Ich möchte gar nicht so oft die Süddeutsche Zeitung als Beispiel verwenden, aber derzeit bietet sie viel Anschauungsmaterial – heute zum Stil und seinen Blüten. Anlass für diesen Eintrag ist der Nachruf auf Bee Gees-Sänger Robin Gibb (s. Abb.) im gestrigen Feuilleton, der mich gleich dreimal zum Marker greifen ließ.

Blüten im Strauß: Ein schräges Adjektiv, . . .

In der ersten Spalte wird Robin Gibbs Bruder Barry zum bestaussehendsten Bee Gee. Das markiert sogar die Rechtschreibkorrektur auf WordPress rot – das Adjektiv ist doppelt gesteigert: Best als Superlativ von gut, das (falsche) st hinten als Superlativ zu aussehend. Regelmäßige Leser dieses Blogs kennen die Regel, dass man zusammengesetzte Adjektive vorne steigert: Bestaussehend ist der richtige Superlativ.

. . .  ein vages Substantiv und ein plumper Genitiv

In der Spalte daneben lesen wir vom mangelnden Ideenreichtum der Band in den 70ern. Hier hätte der wache Lektor sein Sag es treffender-Exemplar geschwenkt: Mangel an Reichtum ist sein Gegenteil, also Armut, und Ideenarmut das treffende Hauptwort. Schließlich ist da noch die bayerische Färbung der Formulierung Drei Songs von ihnen waren 1996 in den Charts (gemeint sind die Bee Gees) – nördlich des Mains vermeidet man den plumpen Genitiv mit von und sagt oder schreibt drei ihrer Songs.

Natürlich werden Nachrufe aktuell ins Blatt gehoben, aber ich hätte vermutet, dass die Zeit für einen Korrekturdurchgang noch reicht. In diesem Fall hätte das Lektorat schon ein Sträußlein binden können.

2 Responses to Still blüht der Stil: Warum ein Lektorat lohnt!
  1. […] wäre Ausländer, die den Fehler ohnehin nicht bemerken. Ich verweise auf den Beitrag von neulich: Warum ein Lektorat lohnt. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Rechtschreibung, Werbung abgelegt und mit 2012, Groß- […]


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