Nach dem Einzug der Piratenpartei in den saarländischen Landtag ist der Begriff der liquid democracy plötzlich in aller Munde. Was dürfen wir uns unter flüssiger Demokratie vorstellen? Mehr Bürgerbeteiligung, direkte Demokratie, Transparenz – das sind die Schlagworte, die im Zusammenhang mit den Piraten gemeinhin zuerst genannt werden.

Die Wikipedia spricht von einer Form gemeinsamer Entscheidungsfindung, die repräsentative Demokratie (also das, was wir jetzt haben) mit direkter Demokratie (dem, was die Piraten wollen?) mischt. Dabei spielt das Internet als Medium eine Rolle. Mit Hilfe der Software Adhocracy etwa sollen sich Bürger praktisch, ja direkt („adhoc“) an der politischen Willensbildung beteiligen können. Demokratie für alle also, nach dem Jekami-Prinzip. (Für alle, denen dies Akronym bisher unbekannt war: Jeder kann mitmachen.)

Der Begriff breitet sich rasch aus

Der Duden hat’s noch nicht, Google liefert (auf Deutsch, Stand heute) 172.000 Treffer – das ist im Vergleich zu anderen Trendwörtern schon recht viel. Ein Trendwort wie riestern kommt aktuell auf 176.000 Treffer, Shitstorm, der Anglizismus des letzten Jahres, auf 292.000.

Anatol Stefanowitsch hat in seinem Sprachlog nach den Wurzeln gesucht und herausgefunden, dass man im angelsächsischen Sprachraum häufiger von delegated voting spricht. Dorthin verlinkt auch die Wikipedia, wohl, weil das Prinzip in diesem Begriff klarer wird: Man darf entweder selbst entscheiden oder die Entscheidung jemandem überlassen, dem man vertraut.

Viele Davids zähmen den Goliath

Ist liquid democracy also eine Art Reimport? Ich frage mich, wie es zu der Metapher kommt. Wahrscheinlich wird flüssig mit Wasser assoziiert, und das ist frisch, klar und findet immer einen Weg. Vielleicht steckt auch darin, dass der stete Tropfen den Stein höhlt, die Vielen also das Dicke, Etablierte doch noch verändern können. Vielleicht ist es gar nicht bildhaft gemeint. Leo.org nennt als Nebenbedeutung sofort realisierbar.

Auf jeden Fall mal notieren, ich glaube, der Begriff liegt im Trend und könnte uns noch öfter begegnen – z.B. bei der Wahl zum nächsten Anglizismus des Jahres.

3 Responses to Liquid democracy: Die Jekami-Demokratie
  1. […] über Metaphern aus der Welt der Politik? Liquid Democracy und die Atempause haben mich zuletzt beschäftigt. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Trends […]

  2. […] interessante Anglizismen. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Trends abgelegt und mit 2013, Anglizismus, Anglizismus […]

  3. […] für ein ein ziemlich ruppiges Verfahren zur Gas- und Ölgewinnung; ich hatte selbst noch mit der liquid democracy geliebäugelt. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Nachrichten, Trends, Übersetzung abgelegt […]


[top]

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.