Wortschatzschrumpfung: In Medien finden wir zunehmend unbeholfene Nicht-Formulierungen. Beispiele und Verbesserungsvorschläge.

Sportbericht der Süddeutschen Zeitung (Ausschnitt): Nicht-WM-Spieler

Sportbericht der Süddeutschen Zeitung (Ausschnitt): Trainingsauftakt mit „Nicht-WM-Spielern“

 

(11.7.2014) Aufmerksamen Lesern dieses Blogs wird nicht entgangen sein, dass ich ein Freund des treffenden Wortes bin. In den Medien wird dieses Bestreben u.a. durch die zunehmende Verwendung von Nicht-Formulierungen untergraben.

Heute zum Beispiel schreibt die Süddeutsche Zeitung im Sportteil über das Auftakttraining der Bundesligavereine im Intro – s. Abb.:

Während das ganze Fußball-Land nach Brasilien zur WM schaut, versuchen sich auch die Bundesliga-Klubs mit ihren Nicht-WM-Spielern ins Gespräch zu bringen.

Nicht-WM-Spieler: Wie hässlich ist das denn? Wie umständlich? Wie hölzern? Was ins Auge sticht: mit . . . Nicht. Das erinnert mich an die Bestellung am Dönerstand: mit ohne Zwiebeln. Und da haben wir auch schon die Lösung, die liebliche, leider im Zuge der grassierenden Wortschatzschrumpfung in Vergessenheit geratende Konjunktion ohne. Was noch ins Auge fällt: Die WM ist doppelt – das ist redundante Information. Das „auch“ im zweiten Halbsatz braucht es ebenfalls nicht. Wie wäre es so:

Während das ganze Fuball-Land nach Brasilien schaut, versuchen sich die Bundesliga-Klubs ohne ihre WM-Spieler ins Gespräch zu bringen.

Diese Version vermeidet nicht nur die unbeholfene Formulierung, sondern ist auch kürzer und liest sich prägnanter.

Weitere Nicht-igkeiten aus der Nachrichtenwelt:

  • Nichtregierungsorganisation – regierungsunabhängige Organisation

Regierungsunabhängig ist zwar etwas länger, macht dafür aber gleich deutlich, was eigentlich gemeint ist. Bei der Nichtregierungsorganisation wirft auch das englische Original seinen unheilvollen Schatten (NGO), das blind wörtlich ins Deutsche übertragen wurde.

  • Nicht richtige Nachricht – Falschmeldung

Aus einem Interview in der Schumi-Unfall-Berichterstattung. Im Zusammenhang: „Wir mussten jedoch eine Unterlassungserklärung für die Weiterverbreitung einer nicht richtigen Nachricht eines anderen Mediums abgeben.“ Wirklich traurig, so ein Schwulst. So redet man klein, was man am liebsten dementieren möchte, aber nicht kann.

  • Nicht-erfolgte Zusammenarbeit – ausgebliebene, unterbliebene Zusammenarbeit

Sie beklagte gestern in der Tagesschau ein Bundestagsabgeordneter vor laufenden Kameras im Zusammenhang mit der Spionage (nein, ohne -tätigkeit) der Amerikaner in Deutschland. Auch schlimm – gerade von Leuten, die vor anderen gelegentlich Reden halten und ständig mit Medien zu tun haben, dürfte man etwas mehr rhetorische Gewandtheit erwarten.

Zu den Gründen des Phänomens findet sich in einem früheren Blog-Beitrag etwas. In einem weiteren Beitrag finden Sie mehr Beispiele.

2 Responses to Eintragung über Nichts
  1. […] Beitrag mit einem ähnlichen Thema, nämlich wenn bei Verneinungen statt des treffenden Wortes ein Nicht- vorangestellt […]


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