Die positive Grundform eines Wortes durch die Vorsilbe nicht zu verneinen, ist populär, aber hässlich. Schöner ist das treffende Wort. Ein kurze Liste mit Verbesserungsvorschlägen und Tipps, wenn das treffende Wort fehlt.

Eine der großen Krankheiten ist die Hauptworterei, schreibt Ludwig Reinert in seiner „Stilfibel“. Und wenn schon Hauptworte, dann sollten Sie nach Möglichkeit das treffende verwenden. Dann sagen Sie, was Sie meinen, der Leser versteht Sie richtig, und beides ist kurz und präzise.

Medial beobachte ich nicht selten das Gegenteil: Beim Verneinen sucht niemand nach dem treffenden Wort, sondern verwendet die geläufige positive Grundform mit einem Nicht- davor. Daraus entstehen meist sehr sperrige Wörter. Gelegentlich findet sich das auch bei Adjektiven. Mag sein, dass das Englische hier eine Rolle spielt, dem wir Begriffe wie Non Governmental Organisation zu verdanken haben, aus dem sich im Deutschen prompt die Nicht-Regierungs-Organisation gebildet hat, ohne dass sich eine sinngemäße schönere Übersetzung einbürgern konnte.

Kurze Liste populärer Fälle

Derlei Monstrositäten lassen sich meist vermeiden. Dazu ein paar Vorschläge zu aktuellen Beispielen (in alphabetischer Reihenfolge).

  • Ein Nichtabstieg ist ein Klassenerhalt.
  • nicht-alkoholisch – alkoholfrei. Hier steht womöglich der Anglizismus non-alcoholic beverages Pate.
  • Nichtberücksichtigung (z.B. für die Fußball-Nationalmannschaft) ist eine Ignorierung, nur dass das in der Nominalform unschön ist. Hier empfiehlt sich ein Nebensatz, z.B. . . ., dass Profi xx nicht berücksichtigt wurde.
  • Nicht handeln ist unterlassen.
  • Nicht-Einhaltung, z.B. von Regeln, ist Missachtung, von Zielen eine Abweichung (oder man verfehlt sie), von Verträgen ein Bruch oder, milder, ein Verstoß. In der Süddeutschen Zeitung vom 3.3.2012 ist auf der Titelseite von der Nichteinhaltung der Schuldenbremse die Rede – doppelt unglücklich, weil die Verneinung auf eine Metapher trifft. Hier müsste man für eine gelungene Formulierung an den Sinn denken, das Wort auszutauschen hilft nicht. Gemeint ist eine Überschreitung der Schuldengrenze. In beiden Fällen ist das Bild schief: Wie kann man eine Bremse nicht einhalten oder überschreiten? Die kann man eigentlich nur nicht betätigen, aber das ist auch hässlich. Daneben kann die Bremse versagen, aber das klingt wie eine faule Ausrede, so als wären höhere Mächte am Werk, wenn doch der Politiker/Fahrer die Verantwortung hat.
  • Ein Nichteinheimischer ist ein Auswärtiger oder Ausländer (je nach Zusammenhang).
  • Nichtmitglieder (in Mitgliedsrundmails) – alle anderen, oder Nebensatz, s. Nichtberücksichtigung.
  • nicht-öffentlich (e Sitzung) – geschlossen (e-Sitzung)
  • Nicht-Prominente sind Unbekannte.
  • Nicht-Versetzung – Sitzenbleiben
  • Nicht-Wähler: Wahlverweigerer, Wahlmüde oder (wertend) Wahlmuffel

Wie sich nicht-stärkehaltig und nicht-permanent umgehen lassen, habe ich hier beschrieben.

3 Responses to Kurze Liste des Nichts
  1. […] Plätze sind freie Plätze, und hier geht’s zu meinem 2. Blogeintrag zum Thema: Eine kurze Liste des Nichts. Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Stil, Tipps, Trends abgelegt und mit 2012, 2013, nicht-, […]

  2. […] In dem Zusammenhang sprach von Nicht-Schuld, ein beliebter Trend, doch das Wort heißt […]

  3. […] Zu den Gründen des Phänomens findet sich in einem früheren Blog-Beitrag bereits etwas. In einem weiteren Beitrag finden Sie mehr Beispiele. […]


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