Ein beliebter Füller besteht derzeit darin, Aktivitäten um das Adjektiv aktiv zu ergänzen. Doch was dynamisch klingen soll,  ist inhaltlich redundant und in den meisten Fällen sinnlos – vgl. dieses Intro. Beispiele und Vorschläge.

(8.10.2011, Nachtrag 26.10.11) In einem Papier der Caritas über die Lage in Somalia während der Hungersnot ist die Rede von

Organisationen, die aktiv für eine sozial, politisch und rechtlich ausgerichtete islamische Ordnung werben.

Die Sinnfrage sei gestattet: Wie wirbt man passiv? Sollte die Intensität der Bemühungen gemeint sein, wäre intensiv klarer:

Organisationen, die intensiv für eine sozial, politisch und rechtlich ausgerichtete islamische Ordnung werben.

Das Phänomen findet sich auch im Kino. In „127 Stunden“, Sie wissen schon, dem Film von Danny Boyle, in dem ein Extremsportler sich selbst die Hand amputiert, weil er in einer Felsspalte steckengeblieben ist, heißt es im Abspann:

Aron blieb ein aktiver Bergsteiger und Mountainbiker.

Ich frage mich: Wie steigt man passiv auf Berge? Das Problem besteht hier darin, dass

Aron blieb Bergsteiger und Mountainbiker

durch das schwache Verb bleiben sehr passiv klingt. Streichen hilft hier also ebensowenig wie Ersetzen. Da müsste man raus aus der Phrase und rein in den Inhalt: Wikipedia schreibt z.B., dass Rulston schon zehn Monate später seinen ersten Viertausender bestieg. Das wär’s doch gewesen.

Und dann war da noch der argentinische Fußballer Juan Veron, der diese Woche die Fußballschuhe mit 36 an den Nagel hängte. Offiziell hieß es, etwa in der Süddeutschen Zeitung:

Er beendet seine aktive Karriere.

Auch hier die Gegenprobe: Wie darf man sich die passive Karriere eines Sportlers vorstellen? Liegestuhl, Kokain, Spielhölle? Auf den Einwand, gemeint sei die Karriere als Fußballer, nun könne z.B. die als Trainer folgen, entgegne ich: „Auch die Trainerkarriere ist aktiv.“ Wer die Differenzierung erhalten möchte, könnte schreiben:

Er beendet seine Spielerkarriere.

Die schöne, schlichte, konzentrierte, füllerfreie und anschlagsparende Lösung: Streichen!

Er beendet seine Karriere.

Womit ich diesen Blogeintrag aktiv beende. 🙂

(Nachtrag, 26.10.11) Einen neuen Akzent setzt dieses Beispiel aus der gestrigen Süddeutschen Zeitung: „Missstände aktiv überwinden“ stand da in einer Info-Box über die Bedeutung des Namens Ashoka, einer Organisation sozialer Unternehmer. Ich nenne es, um für die Adjektive gezieltbewusst und ausdrücklich zu werben, die in diesem Fall treffender gewesen wären.

One Response to Aktiv füllen!
  1. […] in dem Zusammenhang: Wie entzieht man sich passiv? Auch so ein Füllwort aus dem Englischen, das man meistens weglassen […]


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